Rheinische Post

Für welche Zukunft sollen wir denn lernen?

Schülerkol­umne Jacob Jürgens erklärt die Motivation der Freitagsde­monstrante­n.

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Kaum ein Thema hat in den vergangene­n Wochen so viel Aufsehen erregt wie der Fakt, dass jeden Freitag mehrere Tausend Schüler den Unterricht verlassen und stattdesse­n für eine gerechtere und vor allem nachhaltig­ere Klimapolit­ik auf die Straße gehen. Natürlich kann man darüber streiten, inwiefern ein Schulstrei­k – der nach Aussagen des Schulminis­teriums verboten ist – das richtige Mittel zur Meinungsve­rmittlung ist, aber den Schülern einfach vorzuwerfe­n, sie hätten keine Lust auf Schule, ist auch nicht der richtige Weg. Denn diese Argumentat­ion lässt deutlich werden, dass wir Schüler mit unserem eigentlich selbstvers­tändlichen Wunsch auf eine sichere Zukunft nicht ernst genommen werden. Eine streikende Schülerin sagte dazu: „Eigentlich wäre ich lieber in der Schule, um an meiner eigenen Zukunft zu arbeiten – aber für welche Zukunft soll ich arbeiten, wenn wir uns nicht sicher sein können, ob wir in 100 Jahren überhaupt noch eine Zukunft auf diesem Planeten haben?“Obwohl Schulstrei­ks per Gesetz nicht erlaubt sind und auch die Lehrer in die Bredouille bringen können, sollten sie vielleicht ein Auge zudrücken, liegt es doch in ihrem Ermessen, was und in welchem Rahmen moralisch gerechtfer­tigt ist.

Die „Fridays for Future“-Bewegung wurde von der 16-jährigen Greta Thunberg aus Schweden angestoßen, die seit guten drei Monaten jeden Freitag vor dem Stockholme­r Parlament für eine nachhaltig­ere Klimapolit­ik demonstrie­rt. Ihrem Beispiel folgen europaweit jetzt viele junge Menschen. Fokus der Bewegung im Braunkohle­revier Nordrhein-Westfalen ist ganz spezifisch der Kohleausst­ieg. Zwar hat letzte Woche die Kohlekommi­ssion einen Ausstieg bis 2038 beschlosse­n, aber Umweltakti­visten sind sich einig: Das ist zu spät! Denn um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, dass der Weltklimar­at zur Rettung der Erde verabschie­det hat, müsste die EU laut Medienberi­chten bis spätestens 2030 komplett auf die Braunkohle verzichten.

Auch wenn viele Studien den Streikende­n recht geben, haben sie mit Repressali­en zu kämpfen: Eine Konferenz der Schulleite­r in Düsseldorf beschloss vorletzte Woche, gegen „Schulschwä­nzer“hart durchzugre­ifen, ihre Anliegen anhören, möchte man sich aber bisher nicht. Viele Lehrkräfte sprechen das Thema Umweltschu­tz in ihrem Unterricht nicht an, und auch die Politiker zeigen nur sehr nicht immer Interesse.

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FOTO: MILKA VIDOVIC Jacob Jürgens von der Bezirkssch­ülervertre­tung besucht das Humboldt-Gymnasium.

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