Monoton, chaotisch und im Wandel
Langweilige Geschäfte und verwirrender Verkehr kratzen am Bild der Friedrichstraße. Doch es gibt Hoffnung.
FRIEDRICHSTADT/UNTERBILK Zahlreiche Autos schlängeln sich auf der teils mehrspurigen Einbahnstraße in Richtung Innenstadt. Auf den Bürgersteigen reiht sich ein Baugerüst an das nächste, ein grüner Tupfer an der Kirche St. Peter, ansonsten Asphalt, Fassaden in Grau, vor allem im nördlichen Teil. Das ist die Friedrichstraße. Die, die zu Fuß unterwegs sind, eilen zielstrebig über die schmalen Bürgersteige. Es ist viel los und trotzdem wirkt die Straße leer. Viele Geschäfte haben gar nicht geöffnet. Zwischen Imbissbuden, Spielhallen und Nagelstudios immer wieder leere Schaufenster. Verlassene Ladenlokale schmückt noch die Deko des letzten Geschäftsversuchs.
„Da vorne gab es ein Geschäft, das war nur 14 Tage geöffnet“, erzählt Martin Schwedhelm und zeigt in Richtung Kreuzung Graf-AdolfPlatz. Dann sei direkt der nächste Pächter gekommen.„Die Fluktuation ist hier sehr hoch“, sagt Schwedhelm, der auf der Friedrichstraße arbeitet. Es sind meist Ketten, die Filialen hier eröffnen: Ein-EuroShops, Apotheken, Parfümerien, alles in allem eine monotone Auswahl.
Frau Durst wohnt seit 33 Jahren auf der Friedrichstraße. Sie schwärmt von den Zeiten, als es noch das Krawattengeschäft an der Ecke gab, den Porzellanladen, Floristen und die schönen Boutiquen. Jetzt ist das Bild geprägt von Baugerüsten und Ramsch-Läden. Bäcker, Metzger, Apotheke – es ist zwar al- les da für den täglichen Bedarf, aber Flair habe die Friedrichstraße nicht. Das findet auch Martin Schwedhelm: „Man geht hier nur in die Geschäfte, wenn man schnell was braucht. Und tatsächlich ist um die Mittagszeit recht viel los. Wenn alle in ihre Pause gehen, bevölkern sie Imbisse und Drogerien.„Am Abend ist dann alles wie leergefegt“.
Für beide hat die Entwicklung der Friedrichstraße verschiedene Ursachen. Da sei einmal der Weggang großer Arbeitgeber wie West LB.
Dann ist da noch der Dauerbrenner: die Verkehrsführung. Ein Aufreger-Thema für jeden, der täglich auf der Friedrichstraße unterwegs ist. Denn alsVerbindungsstraße zwischen Bahnhof Bilk und Innenstadt herrscht jede Menge Durchgangsverkehr. Um die Lage zu entspannen, fährt die Bahn seit zwei Jahren unterirdisch. Die Gleise wurden versiegelt und ein 1,60 Meter breiter Fahrradweg angelegt.„Überdimensioniert“, sagt Frau Durst. Missverständliche Fahrbahnmarkierungen verunsichern Autofahrer. PKW stehen zahlreich im Halteverbot und Lieferwagen immer wieder warnblinkend auf dem Radweg. „Ein großes Chaos“, findet Durst. Verglichen mit dem großzügigen Radweg sind die Bürgersteige dagegen eher schmal. Kein Platz für Außengastronomie, die das Straßenbild beleben könnte. Und so bleibt es auch vor dem Schlösser-Treff, der ältesten Kneipe der Straße, bei einem Stehtisch für die Raucher. Früher, sagt Frau Durst, seien es mal fünf oder sechs Kneipen gewesen. Ähnlich sieht es auch bei der Gastronomie aus. Viele Imbisse und ein italienisches Restaurant, zählt sie auf. „Hier ist keine Abwechslung“. Genug Apotheken und Geschäfte für den täglichen Bedarf sind zwar da „Aber wofür brauchen wir hier fünf Bäckereien“, fragt Durst achselzuckend.
Eine besonders große Lücke hat die Schließung des Stern-Verlags 2016 ins Straßenbild gerissen. Die Buchhandlung war ein wichtiger Anziehungspunkt. Jetzt liegen die kahlen Schaufenster im Dunkeln. Wie es weitergeht, ist unklar. Lichtblick: Zwischen Billigshops und Sonnenstudio siedeln sich auch die ein oder anderen inhabergeführten Läden an, mit frischen Konzepten. So auch „Holy Craft“, ein Craft Beer Store an der Friedrichstraße Ecke Fürstenwall. „Der Standort ist gut, zentral“, findet Kevin Kuberski, der dort arbeitet.„Und sobald das Haus ’Fürst und Friedrich’ fertig ist, wird die Straße wieder attraktiver.“Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entsteht das neue Bürogebäude, auf dem alle Hoffnungen ruhen, die Friedrichstraße wieder aufzuwerten: Die Broschüren zeigen Bilder von modernen Glasfronten und historischer Altbaufassade. Investoren sehen Potenzial in der Friedrichstraße – das beste Zeichen für einen Wandel.