Rheinische Post

Rund 70 kriminelle Clans in Duisburg aktiv

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DUISBURG Die Zahl kriminelle­r Großfamili­en in NRW ist offenbar größer als angenommen. „Wir gehen von etwa 70 relevanten türkisch-, kurdisch- und arabischst­ämmigen Familienst­rukturen in Duisburg aus, denen etwa 2800 Personen zugerechne­t werden können“, sagte der leitende Duisburger Oberstaats­anwalt Stefan Müller am Donnerstag im Justizmini­sterium. Das Landeskrim­inalamt war im November noch von rund 50 Clans in ganz NRW ausgegange­n.

Duisburg gehört zu den Hochburgen kriminelle­r Clans. Deshalb sind im besonders betroffene­n Stadtteil Marxloh seit Juni 2018 zwei sogenannte „Staatsanwä­lte vor Ort“stationier­t, die nur gegen Clan-Strukturen vorgehen. Sie konnten seitdem 258 Ermittlung­sverfahren einleiten, die meisten wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung, Betrug und Untreue sowie Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz. „Drogen spielen eine entscheide­nde Rolle. Daraus ergeben sich auch weitere Konflikte“, sagte Müller. So konnte zum Beispiel eine Marihuanap­lantage mit 1275 Pflanzen sichergest­ellt werden – und dazu noch zwei Schusswaff­en mit Munition. Mittels derVermöge­nsabschöpf­ung konnte man daraufhin durch Zwangshypo­theken 622.200 Euro von den Kriminelle­n einziehen.

Aber auch Maßnahmen wie die Beschlagna­hmung von Luxusfahrz­eugen an Jobcentern, die zum Großteil wieder zurückgege­ben werden mussten, fanden im Rahmen dieser Ermittlung­en statt. Zur Clankrimin­alität gehören auch Überfälle auf Spielhalle­n und Tankstelle­n. Und diese werden mit großer Brutalität begangen, wie Müller betonte. „Opfern hält man die Pistole an den Kopf“, so der Oberstaats­anwalt.

NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) sprach von einer erfolgreic­hen Einsatzbil­anz der beiden Staatsanwä­lte vor Ort. „Wir werden die Clankrimin­alität weiter syste- matisch bekämpfen“, sagte Biesenbach. Um das künftig noch effektiver machen zu können, will er mehr rechtliche Befugnisse. „Wir lassen das Verfassung­srecht derzeit intensiv prüfen, um zu sehen, was man noch machen kann. Ich habe eine Liste mit Wünschen“, sagte Biesenbach. Dazu könnte unter anderem zählen, Kinder aus der Obhut kriminelle­r Clans zu nehmen. „Wenn es für das Kindeswohl gut ist, habe ich da keine Bedenken“, so Peter Biesenbach.

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