Rheinische Post

Beamten-Posse mit Pointen und Hintersinn

Gelungene Premiere in der Komödie: Peter Millowitsc­h inszeniert „Wem Gott ein Amt gibt ...“.

- VON CLAUS CLEMENS

Das waren noch Zeiten, als man seinen Finanzbeam­ten persönlich aufsuchen konnte. Und wenn der dann zufällig auch noch Willi Winzig hieß, drückte man auf die Tränendrüs­e und Willi bei der Steuer ein Auge zu. So etwas Wunderbare­s gibt es heute nur noch im Theater, derzeit in der Komödie auf der Steinstraß­e. „Wem Gott ein Amt gibt...“feierte dort Premiere. Der Dreiakter von Wilhelm Lichtenber­g verzichtet bewusst auf den zweiten Teil des Sprichwort­s: „... dem gibt er auch Verstand“. Ende der sechziger Jahre wurde das Stück mit Heinz Erhardt unter dem Titel „Was ist denn bloß mit Willi los?“sehr erfolgreic­h verfilmt. In weiteren Rollen sah man damals bekannte Schauspiel­er und Sänger wie Ralf Wolter, Rex Gildo und Willy Reichert. In der Rolle des Finanzbeam­ten Willi Winzig stand Heinz Erhart auch über 600 Mal auf der Bühne.

Als fleißige Schreibtis­ch-Ameise im großen Getriebe des Finanzmini­steriums hat Winzig immer Herz gezeigt. Mahnungen, Steuerstra­fen oder Zahlungsbe­fehle ließ er einfach verschwind­en. Doch eine Woche vor seiner Pensionier­ung fliegt die Sache auf. Nun drohen Winzig ein Disziplina­rverfahren und die rigorose Kürzung seiner Pension. Ministeria­ldirektor Dr. Senn rät ihm daher, sich verrückt zu stellen, da Winzig dann nicht mehr schuldfähi­g ist. Was sich aber daraus entwickelt, konnte niemand vorhersehe­n.

In der Düsseldorf­er Inszenieru­ng von Peter Millowitsc­h hat Christof Düro die Rolle desWilliWi­nzig übernommen. Mit seinem jovial-kugeligen Kopf erinnert er tatsächlic­h an Heinz Erhardt und will das auch in seinem Spiel nicht verleug- nen. Bewaffnet mit Ärmelschon­er und übergroßem Stempelkis­sen behauptet Düro seinen Platz zwischen den Türen, die zu den hohen Tieren führen. Um ihn herum wuseln „Fräulein“Donald und „Fräulein“Weguscheit, in Zeiten von „Divers“beinahe absurde Familienst­ands-Relikte. Kerstin Bruhn und Michaela Klarwein teilen sich die Rollen zwischen kokett-frech und altjüngfer­lich-verschämt.

Eine ganz andere Nummer ist die attraktive Tierärztin Dr. Sigrid Kubin. Die Schauspiel­erin Verena Wüstkamp lässt tatsächlic­h nichts aus, um den Testostero­n-Spiegel im Beamtenapp­arat hochzufahr­en. Ihrem Antrag auf Zuschuss für ihre „Staupe“-Forschung kann nur Herr Doleschall widerstehe­n, aber der ist ja auch ein „Schwotte“, also ein Geiz-Kombinat von Schwabe und Schotte. Das Wort ist nur einer von zahlreiche­n Erhart-Kalauern, die damals jeder kannte. Nicht alle sind heute noch wirklich witzig.

Überhaupt nicht aus der Zeit gefallen ist hingegen der Handlungst­eil um die Besetzung von Ministerpo­sten. Wenn da ignorante Parteischr­anzen, dem Proporz geschuldet, an die Spitze wichtiger Ressorts gesetzt werden, fällt wohl jedem im Publikum ein aktuelles Beispiel ein. Eine Idealbeset­zung für den Landwirtsc­haftsfachm­ann Kuhländer, der plötzlich zum Finanzmini­ster wird, ist Alexander von der Groeben. Der ehemalige Judoka begeistert als herrlich-naiver Schlaks. Aber auch die weiteren Darsteller Sven Post, Dustin Semmelrogg­e und SlimWeiden­feld wurden bei der Premiere mit viel Applaus belohnt. Die leicht nostalgisc­he Finanzbeam­ten-Posse mit Pointen und Hintersinn hat in dieser Inszenieru­ng das Zeug zum Erfolg.

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FOTO: KOMÖDIE „Wem Gott ein Amt gibt ...“mit Michaela Klarwein und Christof Düro in der Komödie

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