Rheinische Post

Wenn Jecken sich nicht anpassen

Widerstand gegen das NS-Regime war auch für Karnevalis­ten gefährlich. Einige ließen sich das Wort dennoch nicht verbieten. Die Doku „Die unbequemen Jecken“stellt sie vor, blickt aber auch in die Gegenwart.

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KÖLN (dpa) Ein Karnevalis­t, der in der Zeit des Nationalso­zialismus sein Leben riskierte – das war Karl Küpper. Etwa mit ausgestrec­ktem Arm wie beim Hitlergruß in der „Bütt“und der scheinbar naiven Frage in bester Kölner Mundart „Es et am rähne?“(Ist es am Regnen?) begeistert­e er sein Publikum. Denn alle wussten, was damit gemeint war. Er war einer der wenigen Büttenredn­er, die in den 1930er Jahren so offen seine Ablehnung des NSRegimes zeigten. Dafür wurde er mehrmals verhaftet, misshandel­t und schließlic­h von den Nationalso­zialisten mit einem„lebenslang­en Redeverbot“belegt.

Auch nach Ende des ZweitenWel­tkriegs hatte der Kölner es nicht leicht: Die ehemaligen NS-Größen versuchten weiterhin, ihn mundtot zu machen. Heute gilt Küpper nicht nur vielen seiner Kollegen als Held. Das und einiges mehr erzählt die Dokumentat­ion „Karneval mit Haltung – Die unbequemen Jecken“des WDR-Fernsehens.

„Wir wollten den „Karneval mit Haltung“über die historisch­e Person Karl Küpper hinaus erforschen und hinterfrag­en, wo gegenwärti­g Haltung zu finden ist“, erklärte Produzent Till Derenbach von Zeitsprung Pictures den Hintergrun­d der Dokumentat­ion. „Karneval ist für viele nicht mehr als Party mit Ballermann-Faktor“, sagt derWDR. Da-

bei könne Karneval mehr sein: Unterhaltu­ng mit Haltung, politische Kante mit Humor. „Gerade in Zeiten von Ressentime­nts gegen alles Fremde kann der Karneval mit seinen Millionen Zuschauern ein wichtiges Forum für Zivilcoura­ge sein.“

Die Dokumentat­ion verknüpft das aktuelle Karnevalsg­eschehen mit der Geschichte Karl Küppers. Es sind berührende Momente, wenn Sohn Gerhard Küpper über die wichtigste­n Momente im Leben seines Vaters erzählt.

Aber auch aktuelle Faschings-Größen, darunter Bands wie Brings, Jürgen Becker oder Bernd Stelter, berichten von ihren Erfahrunge­n, wenn es um satirische Kritik an bestehende­n Verhältnis­sen geht. Jeder von ihnen ist bereits mit solcher Kritik angeeckt. „Als ich letztes Jahr in meiner Rede für ein gemeinsame­s Europa geworben habe, gab es massive Anfeindung­en“, sagte Stelter. Neben der Obrigkeit, die früher oft Zielscheib­e des Spotts in der fünften Jahreszeit war, gehe es bei ihm und seinen Kollegen darum, bestimmten gesellscha­ftlichen Strömungen entgegenzu­treten, „die unsere freiheitli­che Gesellscha­ft in ein schlechtes Licht setzen“.

„Karneval Toni, männlich, mit Haltung Hebamme – Die unbeque– Allein men unter Jecken“, Frauen, WDR,20.1520.15Uhr, UhrARD

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FOTO: ARD DEGETO/KERSTIN STELTER FOTO: WDR/DPA Das undatierte Foto zeigt Karl Küpper, in den 1930er Jahren ein deutschlan­dweit bekannter Karnevalis­t, der sich im Dritten Reich nicht angepasst hat.

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