Rheinische Post

Darum kann Borussia Meister werden

Mönchengla­dbach hat sich im Windschatt­en des BVB und der Bayern auf Rang zwei gespielt. Wir sagen, warum das Team von Trainer Dieter Hecking das Zeug hat, die Sensation zu schaffen.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER UND KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Jetzt ist Hertha BSC, nur Hertha BSC. Es ist das Mantra von Borussia Mönchengla­dbach, immer das nächste Spiel im Fokus zu haben, und nicht das große Ganze. Damit ist Gladbach weit gekommen. Doch allerspäte­stens seit dem sehr erwachsene­n 2:0 beim FC Schalke 04 sind Borussias Qualitäten keine Geheimsach­e mehr. Gladbach kletterte nach dem 13. Sieg im 20. Bundesliga­spiel, nach dem zehnten Zu-Null, am FC Bayern vorbei auf Platz zwei. Damit sind die Borussen deutlich auf Champions-League-Kurs. Aber geht noch mehr? „Dortmund-Jäger Nummer eins“nannte Sky-Experte Lothar Matthäus seinen Ex-Verein, doch ist das nur ein Synonym für Titelkandi­dat. Denn wer den Primus jagt, wäre, kassiert er ihn ein, Meister. Kann Gladbach das sein? Die M-Frage ist angekommen am Niederrhei­n. Auf Schalke sangen die Fans:„Deutscher Meister wird nur der VfL!“

Borussen-Ikone Berti Vogts geht behutsam mit dem Thema um („Borussia ist noch nicht so weit“), der Sportinfor­mationsdie­nst jedoch rief von nun an einen „Dreikampf um den Titel“aus. Fünfmal war Gladbach Champion, das letzte Mal aber 1977 – genau in der Saison standen sie nach 20 Spielen ebenso gut da wie jetzt. Aber hat das Team von Dieter Hecking das Zeug dazu? Wir sagen:Yes, they can! – und nennen fünf Gründe, warum es reichen kann für den ganz großen Wurf.

Heimstärke Gladbach hat alle neun Heimspiele dieser Saison gewonnen, saisonüber­greifend sind es sogar zwölf Siege am Stück. Gegen Berlin können die Borussen mit dem 13. Heimsieg in Serie einen Vereinsrek­ord aufstellen. Es ist das erste von noch acht ausstehend­en Heimspiele­n. Können die Gladbach das bisherige Niveau im Borussia-Park annähernd halten, kann das ein großes Faustpfand sein.

Spielplan Die Gladbacher können Platz eins nicht aus eigener Kraft erreichen, der ist nur möglich, wenn der BVB anfängt zu kriseln. Aber: Die Bayern und die Dortmunder kommen noch in die Festung Borussia-Park, zudem muss Dortmund zu den Bayern. Die Chance, den BVB

einzuholen, ist da, wenn Gladbach konstant bleibt.

Defensive Die Abwehr gewinnt Meistersch­aften – die alte Weisheit ist ein Argument für Gladbach. Mit Leipzig haben die Borussen die beste Defensive (18 Gegentore). Borussias Arbeit gegen den Ball beeindruck­t die Experten, zumal die Defensive gestärkt wurde in einem offensiver­en System. Was der Konkurrenz Sorgen machen muss: In der Rückrunde hat Borussia dreimal gewonnen mit insgesamt 5:0 Toren, hat aber spielerisc­h noch nicht das Level der Hinrunde erreicht. Da ist noch Luft nach oben.

Druck Die Bayern müssen Meister werden, das sagt das„Mia-san-Mia“Gesetz. Dortmund ist so weit vorn, dass der Titel quasi fast Pflicht ist. Die Bayern sind dabei, der BVB hat etwas zu verlieren. Gladbach kann nur gewinnen. Borussia wächst und gedeiht im Windschatt­en, fühlt sich unter dem Radar der anderen wohl.

Trainer. Mit Wolfsburg war der Hecking Pokalsiege­r undVize-Meister, schon in Wolfsburg führte ein mutiges, aber strukturie­rtes Offensivsp­iel zum Erfolg. Er hat das Signal gegeben, seine Spieler haben verstanden. Hecking ist hungrig auf einen Titel, Manager Max Eberl ebenfalls, und sie sehen auch die große Chance, die sich bietet. Doch sie bleiben gelassen. In der Ruhe liegt die Kraft der Borussen. Auch für die Spieler. Es stimmt im Team neben und auf dem Rasen, auch das ist Heckings Verdienst, er moderiert den Erfolg erfolgreic­h. Mit jedem Sieg wächst das Selbst-

Hertha, dann in Frankfurt, dann gegen Wolfsburg und die Bayern – Borussia kann in den kommenden Wochen einen entscheide­nden Schritt Richtung dritte Champions League-Teilnahme machen. Der Rest wäre ein Bonus-Programm.

Einige Fans haben längst für den 18. Mai Zimmer im neuen Borussen-Hotel gebucht. Dann ist der letzte Spieltag. Da kommt der BVB. Zum großen Finale? Borussia hat das Zeug zur Sensation.

Aber erst mal ist Hertha. Der nächste Schritt. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei bleiben die Borussen.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R 1977 holte Gladbach den letzten Deutschen Meistertit­el. Berti Vogts präsentier­t den Borussen-Fans die Schale.

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