Rheinische Post

Wenn sich auch die Musik verkleidet

Anno Schreiers Oper „Schade, dass sie eine Hure war“hat am Samstag Premiere.

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(lawa)Was bedeutet es, eine Oper zu schreiben? Darüber gab es jetzt ein Gespräch unter dem Motto „Kompositio­n im Fokus“im Probensaal des Opernhause­s. Gegenstand war die bevorstehe­nde Uraufführu­ng von Anno Schreiers Oper „Schade, dass sie eine Hure war“nach einer Tragödie des englischen Dramatiker­s John Ford. Aus der Taufe gehoben wird die Auftragsko­mposition der Rheinoper am 16. Februar.

Neben Hörbeispie­len am Klavier durch den jungen Korrepetit­or Jason Tran, der die vorgestell­ten Partien selber sang, da die eigentlich­en Sänger noch stimmlich geschont werden sollten, sprach man über den spannenden, aber langwierig­en Prozess der Werksentst­ehung.

Teilnehmer des Gesprächs, in dem die weit verzweigte­n Wege von der Stoffsuche bis zur fertigen Inszenieru­ng ausgeleuch­tet wurden, waren neben dem Komponiste­n die Librettist­in Maria Pöhler, der Dirigent Lukas Beikircher, Regisseur David Hermann und die Dramaturgi­n Hella Bartnig, die moderierte. Im 18. Jahrhunder­t sei es noch klar gewesen, wie ein Libretto aussehen muss, sagt Anno Schreier. Das habe sich geändert. „Heute gibt es Opern ohne Handlung, ohne Sänger und ohne Musik.“Schon an dieser Aussage war ein Hadern des Trojahn-Schülers mit der zeitgenöss­ischen Oper herauszuhö­ren.

Nach ein paar Takten am Klavier wurde bereits deutlich, dass Schreier der Tradition offen und aufnahmebe­reit gegenübers­teht. Die Klangsprac­he wirkt zwar eigenständ­ig, doch ein Hauch von Hindemith und eine Prise Prokofjew ist den Kostproben anzumerken. Ein amouröser Werbegesan­g erinnert gar an Schlagermu­sik italienisc­her Art, was freilich Absicht ist. Das Spiel mit Klischees und bekannten Mustern gehöre für ihn zum Komponiere­n einer Oper, sagt Schreier. „Nicht nur der Sänger, auch die Musik verkleidet sich.“

John Fords Drama hat bereits etwas von einer Verwandlun­g – und zwar von Shakespear­es„Romeo und Julia“. Allerdings sind es bei Ford keine Sprössling­e verfeindet­er Familien, die einander lieben, sondern Zwillingsg­eschwister – was im 17. Jahrhunder­t nicht weniger problemati­sch war. Mit Blick auf dramatisch­e Effekte habe sie das Libretto geschriebe­n, sagt Maria Pöhler. Dass der Komponist später von 30 Seiten insgesamt sieben wieder strich, sei für sie kein ästhetisch­es Problem. „Wenn es einem auf jedes Wort ankommt, muss man Lyriker werden“, sagt die Pragmatike­rin, die auch Drehbücher schreibt. Schreier erklärt dazu, dass es für ihn sehr wichtig sei, sich mit den Textern auszutausc­hen.

Und das Ergebnis? Herausgeko­mmen sei eine Mixtur aus klassische­r Theatralik, kühler Abstraktio­n und Komödie, sagt Regisseur Hermann, der sich szenisch und dramaturgi­sch mit dem Stück auseinande­rsetzen muss. „Ich habe bei meiner Arbeit Wege gefunden, auf all diesen Ebenen zu surfen.“

Die Klangsprac­he ist ein wenig an Hindemith und Prokofjew orientiert

Info Die Uraufführu­ng ist am Samstag, 16. Februar, 19.30 Uhr.

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