Ein Stadtteil, der Geschichten erzählt
Julia Marmulla und Manfred Wollnitz sind sich einig: Friedrichstadt ist offen, hat viele Cafés und Einkaufsmöglichkeiten. Und trotzdem gibt es ruhige Wohnviertel für Alte, Junge, Singles und Paare.
Als Kind ist Manfred Wollnitz aus Hamm nach Friedrichstadt gezogen, „ein richtiger Kulturschock ist das gewesen“, sagt der 47-Jährige. Keine Felder zum Spielen, keine Hügel zum Klettern. Manfred Wollnitz, den die meisten seiner Freunde nur als„Wolly“kennen, war ein richtiges Land-Kind. Was sich aber bald ändern sollte, dennWollnitz entdeckte die vielen Vorteile, die so ein innenstadtnaher Bezirk hat. „Wir sind die kleinste Metropole der Welt“, sagt er, ein Stadtteil, der multikulturell ist, offen und gut durchmischt. Man kennt sich, nimmt die Pakete für die Nachbarn an, quatscht am Briefkasten.
Am schönsten ist für ihn die Zeit zwischen 8 und 10 Uhr sonntags, wenn kaum jemand auf der Straße ist, keine Autos fahren, kaum Fahrräder, „dann bis zur Geissel laufen und frühstücken“. Das Café liegt zwar in Bilk, aber so genau nimmt Manfred Wollnitz das mit den Grenzen nicht, „die verschwimmen hier, anders als in Köln“. Dort hatte der 47-Jährige sei- ne Ausbildung gemacht, dort sei jedes Viertel für sich, „abgeschlossen“nennt es Manfred Wollnitz, der deshalb auch nie weggezogen ist aus Friedrichstadt, der immer in einem Radius von 500 Metern geblieben ist. Der Fürstenplatz sei gut gelungen, findet Manfred Wollnitz, mit den vielen Cafés drumherum, dafür ist er kein Fan des Markts, „der nie ein richtiger Wochenmarkt war. Ich gehe lieber zum Carlsplatz.“
Eine große Belastung im Stadtteil ist der Verkehr, was aber in den 80ern schon so war, „damals hat es auch keine Parkplätze gegeben“, erzählt Wollnitz, der seinen Vater noch vor Augen hat, wie er manchmal Runde um Runde drehte, um seinen Pkw endlich abstellen zu können. „Ich habe nie einen Führerschein gemacht“, sagt der 47-Jährige, der skeptisch ist bei der geplanten Umweltspur, „wir brauchen vernünftige Radwege und bezahlbaren ÖPNV“. Düsseldorf müsse sich ein Beispiel nehmen an anderen Städten, an Wien etwa, wo die Jahreskarte 365 Euro kostet. nika
Wenig Zeit hatte Julia Marmulla, als sie eine Wohnung suchte. Sie lebte in Konstanz, hatte ihren Urlaub aufgebraucht. Dann kam das Jobangebot. Über eine Freundin hat sie die WG gefunden, ungesehen schlug sie zu, dachte an Übergang, „wenn ich mal Ruhe habe, schaue ich mich um“, erinnert sich die 30-Jährige. Aus Übergang sind zwei Jahre geworden. „Hätte es mir nicht gefallen, wäre ich nicht geblieben“, sagt Marmulla, die – obwohl Friedrichstadt eher Zufall gewesen ist – fast nur Gutes sagen kann über den Stadtteil. „Ein richtiges Wohnviertel ist das hier“, sagt Julia Marmulla, die froh ist, nicht gleich eine Kneipe neben der Haustür zu haben, die nur ein paar Schritte machen muss zu den Geschäften an der Friedrichstraße. „Und man ist so schnell am Rhein“, sagt sie. Bald entdeckte die 30-Jährige auch die andere Seite der Corneliusstraße, den Fürstenplatz, Lina‘s Coffee und die Bot- schaft, auch wenn die Cafés und Bars anders sind als dort, wo sie aufgewachsen ist. Die meiste Zeit lebte Julia Murmulla in Rom. „Dort verabredet man sich nicht, um ins Café zu gehen“, sagt Murmulla. „In Italien ist man einfach immer im Café oder in der Bar.“80 Cent kostet der Espresso, manche kombinieren den ihn einem schnellen Frühstück im Stehen. Und ein bisschen schaut sie wehmütig zurück auf die Märkte in Italien, „dort gab es einfach alles“. Pempelfort oder Derendorf, das wäre nichts für Julia Murmulla, „da stehen furchtbar viele neue Häuser. Die hier in Friedrichstadt erzählen Geschichten“, sagt sie. Geschichten erzählen auch die Menschen, die in der Nachbarschaft wohnen – Alte, Junge, Singles, Paare, Familien. Gut durchmischt, findet Julia Marmulla. Was fehlt, sind Orte für Kunst, Kultur und das Vereinsleben. Für ihr Hobby – Unterwasserrugby – muss sie immer nach Neuss. nika