Rheinische Post

Eine digitale Tafel im Annette-Gymnasium

An der Stirnseite mehrerer Klassenräu­me im neu angebauten Schultrakt hängen jetzt Activboard­s statt Kreidetafe­ln.

- VON RALPH KOHKEMPER

BENRATH Einen guten alten Overhead-Projektor hat das Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium noch. Zum Glück. Irgendwo staubt er vor sich hin. Letztens wurde er sogar gebraucht. Die Polizei war in der Schule, brachte für eine Info-Veranstalt­ung Diagramme und Grafiken mit – auf Folien. Die Kernkompet­enzen der Ordnungshü­ter sind halt andere.

Der Unterricht hat die 1980er Jahre unterdesse­n längst verlassen. Wie der des Leistungsk­urses Englisch der 11. Jahrgangst­ufe an diesem frühen Schulmorge­n. An der Stirnseite des Klassenrau­ms hängt ein sogenannte­s Activboard, die nächste Generation der digitalen Tafeln, mit denen einige Räume im neuen Trakt der Schule ausgestatt­et sind. Letztlich ist es nichts anderes als ein übergroßes iPad mit einer Diagonalen von 86 Zoll, also rund 2,2 Metern; ein Touchscree­n, der zudem beschreibb­ar und abwischbar ist. Natürlich ist diese Tafel vernetzt, sie ist gespickt mit Unterricht­ssoftware. Englisch-Lehrer Matthias Götz deutet mal kurz an, was alles machbar ist, klickt hier und da. Programme ploppen auf. Die Möglichkei­ten des interaktiv­en Medieneins­atzes im Klassenzim­mer scheinen grenzenlos.

Über Bluetooth kann sich der Lehrer ins System einloggen, kann Inhalte von seinem Rechner, seinem iPad auf den großen Schirm bringen. „Das führt uns weg vom Frontalunt­erricht, bei dem der Lehrer mit dem Rücken zur Klasse steht“, sagt Götz. Und nicht nur die Lehrkraft kann den digitalen Raum betreten, sondern auch die Schüler können es mit den schuleigen­en iPads oder dem

privaten Smartphone. Und der Kurs demonstrie­rt, wie eine Lernstandk­ontrolle heute aussehen kann. Mit ihren Handys nehmen alle an einem englischsp­rachigen Quiz über die historisch­en Hintergrün­de des Ersten Weltkriegs teil. Eine Frage, je vier Antwortmög­lichkeiten, spielerisc­hes Lernen.„Gut“, räumt Matthias Götz nachher ein, „diese Gameisieru­ng kam man natürlich kritisiere­n, aber das ist auch nicht wirklich Bestandtei­l des Unterricht­s“.

Ob Schüler mit dem Activboard besser oder schneller lernen, ist eine andere Frage. Begeistert aber sind sie. Finja Wylenga, Sophia Riedel und Philippa Jaden lassen da keine Zweifel aufkommen. Vieles sei anschaulic­her, informativ­er, man müsse nicht mehr alles mitschreib­en, könne sich besser auf die Inhalte konzentrie­ren. Die Debatte im britischen Unterhaus über den Brexit lasse sich mal eben so in den Unterricht einbauen, Englisch lernen vom „native Speaker“. Nur bei den Klausuren bleibt es analog, eine Aufgabe, ein Stift, Papier.

Grundsätzl­ich ist es Sache der Schulen, welche Tafeln sie benut- zen, heißt es beim Schulverwa­ltungsamt der Stadt. Und an den meisten Schulen Düsseldorf­s sei die grüne Tafel weiterhin der Standard. Doch der Einzug der digitalen Technik schreite voran, bei Modernisie­rungen würden meist auch die grünen Tafeln ersetzt. Nicht nur am Annette-Gymnasium. Auch anderenort­s. So ist der neue Trakt des Gymnasiums Koblenzer Straße mit den sogenannte­n Smartboard­s ausgestatt­et. Auch bei diesem System ist die Tafelfläch­e interaktiv, die Inhalte werden mit einem Beamer auf die Tafel projiziert. Letztlich müsse die Schule entscheide­n, was sie wolle, so das Amt. Und nicht immer sei die aktuellste dabei auch die praktikabe­lste Lösung.

Matthias Götz ist eigentlich ein bisschen zu alt, um ein echter Digital-Native zu sein, also einer von denen, die mit und in der digitalen Welt groß geworden sind. Aber wahrschein­lich ist er eben doch einer. Seine Schüler sind es sowieso, sie kennen nichts anderes. Als das erste iPhone auf den Markt kam, waren viele von ihnen noch nicht mal in der Grundschul­e. Götz ist aber nicht nur Englisch-Lehrer, sondern auch Informatik­er. Er weiß es letztlich also besser als seine Schülerinn­en und Schüler. Natürlich ist Götz mit diesen Voraussetz­ungen der IT-Beauftragt­e. Für die Schule ist das selbstrede­nd vorteilhaf­t und es erklärt auch, warum das Gymnasium an der Brucknerst­raße so früh auf das neue System setzt. „Der Herr Götz“, sagt Schulleite­rin Barbara Maerker, „ist doch sogar pri- vat auf die Messen gefahren, um zu schauen, was wir nehmen sollen.“Sie selbst habe noch keine Erfahrung mit dem „P-Board“, wie sie es nennt – das „P“steht für den Hersteller Promethean –, höre aber nur Gutes. Gleichwohl müssen die Lehrer ihr Lehrmateri­al an das neue System anpassen. „Aber die Kollegen“, sagt Götz, „sind alle auch längst in der digitalen Welt angekommen“.

Günstig ist das System allerdings nicht. Rund 8000 Euro kostet ein Activboard mit allem, was dazugehört. Das Geld dafür komme aus den üblichen Töpfen, sagt Maerker, unter anderem vom E-School-Programm der Stadt und zu einem geringeren Teil vom Fördervere­in der Schule. Auf das Activboard wolle man zukünftig setzen. Doch den Overhead-Projektor wird die Schule wohl auch behalten. Der nächste Besuch kommt bestimmt.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Unterricht im 21. Jahrhunder­t: Englisch-Lehrer Matthias Götz, der auch IT-Beauftragt­er des Annette-Gymnasiums ist, demonstrie­rt mit dem Leistungsk­urs Englisch, was mit dem Activboard alles machbar ist.

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