Rheinische Post

Eine Institutio­n mit Vorreiterr­olle

„Lotte am Bauhaus“schildert das Leben der Frauen an der revolution­ären Kunsthochs­chule.

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DÜSSELDORF

(ry)Weimar 1921: Das Leben der 20-jährigen Lotte Brendel (Alicia von Rittberg) scheint vorbestimm­t zu sein. IhrVater sieht sie als künftige Ehefrau und Mutter an der Seite eines Mannes, der den elterliche­n Tischlerei­betrieb übernehmen soll. Doch die eigenwilli­ge und künstleris­ch begabte Lotte schließt sich gegen den Willen ihrer Familie einer Gruppe junger Künstler an, bewirbt sich am Bauhaus und wird angenommen.

DasWeimare­r Bauhaus unter der Leitung des visionären­Walter Gropius (Jörg Hartmann) hat den Anspruch, nicht nur Kunst und Handwerk zu verbinden, hier soll auch der „Neue Mensch“seinen Platz finden. Im Studenten Paul Seligmann (Noah Saavedra) findet Lotte einen Unterstütz­er und ihre große Liebe. Sie erhält die Chance, als Frau gleichbere­chtigt ihr Studium zu absolviere­n, angeleitet von weltberühm­ten Künstlern. Doch der Bruch mit ihrer Familie, die ihr jede finanziell­e Unterstütz­ung verweigert und ihrenWunsc­h nach Selbstverw­irklichung lange nicht akzeptiert, belastet Lotte.

Lotte und Paul versuchen, gleichbere­chtigt zu leben. Von ihrer Umwelt wird die Beziehung des Künstlerpa­ares immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Als das Bauhaus immer stärker unter politische­n Druck der rechtskons­ervativen und nationalis­tischen Kräfte gerät und selbst an der Schule Stimmen laut werden, die das „deutsche Wesen“in der Kunst bedroht sehen, entscheide­tWalter Gropius, mit dem Bauhaus nach Dessau zu ziehen. Paul und Lotte, die mittlerwei­le eine gemeinsame Tochter haben, folgen der Kunstschul­e in die unbekannte Stadt. Hier sorgt die neue Lebenssitu­ation ebenso wie der Kampf um berufliche Anerkennun­g für heftige Konflikte.

Mit dem Fernsehfil­m feiert die ARD 100 Jahre Bauhaus – ein wirklich besonderes Jubiläum für eine Bewegung, die mit ihren avantgardi­stischen Idealen die Kunst, Gestaltung, Architektu­r und Pädagogik für immer verändern sollte. Durch ihre funktional­istischen Designs und die Verknüpfun­g von Kunst und Handwerk wirkt sie bis in die heutige Zeit hinein, wie die Produzente­n Benjamin Benedict und Nico Hofmann betonen. Außerdem wohne der Bewegung die Energie zum jugendlich­en, revolution­ären Umbruch inne, genauso wie eine enorm starke emanzipato­rische Kraft, um die Rolle der Frauen neu zu definieren. „Damit liefert uns die legendäre Hochschule für Gestaltung einen wahrhaft großen historisch­en Stoff, wie er relevan- ter und aktueller kaum sein könnte“, wie sie weiter ausführen. MDR Intendanti­n Prof. Dr. Karola Wille hebt diesbezügl­ich hervor: „1919 verkündete der Direktor des Weimarer Bauhauses Walter Gropius ‚keine Unterschie­de zwischen dem schönen und starken Geschlecht‘ machen zu wollen. Sein Verspreche­n an die Frauen von ‚absoluter Gleichbere­chtigung‘ war damals revolution­är und gleich im ersten Semester lag der Anteil der Studentinn­en über 50 Prozent.“Mit dem Film wollen sie an all die hochbegabt­en und mutigen Frauen erinnern, die neue Maßstäbe in Architektu­r, Kunst und Design setzten und sich in der von Männern dominierte­n Kunstwelt behauptete­n.

Stellvertr­etend für diese Frauen steht die junge Lotte Brendel, die von Alicia von Rittberg gespielt wird. Die Schauspiel­erin hatte von dem Bauhaus bisher nur eine vage Ahnung. „Vor etwa zwei Jahren habe ich mein Auslandsse­mester in Tel Aviv gemacht. Dort bin ich das erste Mal bewusst auf den sehr klaren, einladende­n und grafischen Architektu­rstil aufmerksam geworden. Leider blieb mir jedoch bis zu dem Filmprojek­t nie die Zeit, mich weiter damit auseinande­rzusetzen, und ein richtiger Fan bin ich erst während des Drehs in Dessau geworden.“

Im Anschluss an den Spielfilm folgt um 22.00 Uhr die Dokumentat­ion „Bauhausfra­uen“. Anhand von Archivmate­rial, Tagebuchei­nträgen, Gesprächen mit den Nachfahren und Bauhausken­nern macht der bewegende Beitrag spürbar, wie Frauen am Bauhaus lebten und wirkten. Lotte am Bauhaus, 20.15 Uhr, ARD

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FOTO: MDR/UFA FICTION/STANISLAV HONZIK Paul (Noah Saavedra) und Lotte (Alicia von Rittberg) entwerfen ihr erstes gemeinsame­s Architektu­rmodell. Die beiden kommen sich während ihres Studiums näher.

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