Düsseldorf, USA, Salzburg und zurück
Der neue kaufmännische Geschäftsführer der Tonhalle stammt aus Pempelfort. Das Konzerthaus will er noch stärker auslasten.
Soeben wurde er 40: Torger Nelson, der kaufmännische Geschäftsführer der Tonhalle (neben Michael Becker fürs Künstlerische). Der gebürtige Düsseldorfer kam nach vielen Stationen im Ausland in seine Heimat zurück.
Von Salzburg nach Düsseldorf – ist das ein Abstieg oder ein Aufstieg? NELSON Das ist natürlich ein Aufstieg. Es ist eine große und wichtige Stadt mit bedeutenden Institutionen in der Kultur – und sie bietet eine spannende Aufgabe in einem neuen Umfeld, zumal sich die Tonhalle als letzte der großen Kultureinrichtungen von der Stadt lösen und in eine gGmbH umwandeln durfte.
Dieser Schritt war mühsam. NELSON Ja, aber er war wirklich überfällig. Schauspielhaus und Rheinoper sind ja vor Jahren schon vorausgegangen, und erst jetzt hat es mit der Tonhalle geklappt.
Was ist der Vorteil?
NELSON Wir sind eigenständiger – in der Personalauswahl, bei Stellenbesetzungen, bei den Finanzen. Wir handeln auf eigene Rechnung.
Das kann auch in die Hose gehen. NELSON Natürlich tragen wir immer auch ein Risiko, aber im Idealfall haben wir die Einnahmen eben für uns und können sie verwenden für Projekte, die finanziell vielleicht schwierig, aber wichtig sind.
Sie kehren also in Ihre Heimat zurück?
NELSON Meine Familie kommt aus Düsseldorf. Meine Mutter stammt aus Bilk, mein Vater ist Amerikaner, ich wurde in Pempelfort geboren. Aber in Düsseldorf blieb ich nur bis zum Kindergartenalter, dann ging mein Vater beruflich nach Frankfurt. Aber ich hatte ja meine Großeltern hier, der Kontakt nach Düsseldorf war immer eng.
Und Ihre musikalische Herkunft? NELSON Die war konventionell: Blockflöte, Klavier, Violine. Mein Düsseldorfer Großvater war bis zum Krieg Geiger in einem Tanzorchester, seine Geige habe ich übernommen. In Frankfurt war ich auf einem der ersten deutschen Musikgymnasien, aber mir war schnell klar, dass ich kein Berufsmusiker werden wollte. Doch im Musikbereich wollte ich arbeiten, das war sicher. Deshalb habe ich in Frankfurt und Berlin Musikwissenschaft studiert. Und die Praktika in Berliner Kulturinstitutionen waren schon sehr hilfreich.
Aber es war der Managementbereich, der Sie gereizt hat?
NELSON Unbedingt. Ich hatte als Zweitfach ja Betriebswirtschaftslehre an der FU Berlin. Danach ging ich aber erst einmal in die USA, unter anderem nach New York, wo ich bei IMG Artists als Praktikant Künstler wie Hilary Hahn oder das Emerson String Quartet betreut habe.
Künstlerkontakte gab es immer? NELSON Ja, und die waren und sind mir bis heute sehr wichtig. In Berlin waren es etwa im Rahmen der privaten Kammermusikreihe „Spectrum Concerts Berlin“die Geigerin Janine Jansen oder der Cellist Christian Poltéra, denen ich noch heute verbunden bin. Danach habe ich in einer Künstleragentur in Washington gearbeitet, die Orchesterreisen organisiert. Da war ein deutschsprachiger Mitarbeiter wichtig; so habe ich eine USA-Tournee der Dresdner Staatskapelle oder die Europa-Tournee des Philadelphia Orchestra organisiert. Oder ich war mit einem panamerikanischen Jugendorchester auf Südamerika-Tournee, das war aufregend.
Und da haben Sie die Kalkulationen in Ihrer Hand gehabt? NELSON Ja, und diese Kompetenz verschaffte mir dann einen Job in der Finanzabteilung der Oper in Washington. Plácido Domingo war ja unser künstlerischer Leiter. Einmal habe ich aber auch als Statist auf der Bühne gestanden.
Warum sind Sie nicht geblieben? NELSON Auf der einen Seite konnte ich in den USA bereits früh Verantwortung übernehmen. Aber langfristig wollte ich doch zurück nach Europa, auch aus familiären Gründen. So ging ich 2009 ans Leipziger Gewandhaus, wo ich mit der neuen Verwaltungsdirektorin das Controlling aufgebaut habe. Als sie ging, habe ich interimistisch sogar ihre Aufgaben übernommen.
Als sie danach ans Salzburger Landestheater gingen, war das wieder eine andere Betriebsform.
NELSON Genau, ein Mehr-SpartenHaus mit Oper, Ballett und Schauspiel – und dem Marionettentheater. Da wurde ich mit wieder ganz neuen Tarifvertragssystemen konfrontiert. Meine beiden Kinder sind in Salzburg geboren, wir haben uns dann aber entschlossen, wieder nach Frankfurt zu gehen – zumal eine Stelle in der Alten Oper als Leiter des Fi- nanzcontrollings frei wurde. Dort wachsen die Kinder jetzt auf, und meine Frau arbeitet als Neurologin. Gab es nie beruflichen Kontakt nach Düsseldorf?
NELSON Doch, mit Michael Becker hatte ich diverse Male Kontakt, und wir haben öfter über die Planungen zur gGmbH gesprochen. Jetzt hat es endlich geklappt.
Was sind denn die wichtigsten Baustellen in der Tonhalle? NELSON Nun, das Gebäude ist ja schon sehr alt, und die wiedereröffnete neue Tonhalle hat auch schon knapp 40 Jahre auf dem Buckel. Zwar wurde sie klanglich großartig optimiert, aber andere Bereiche bedürfen dringend der Renovierung. Wir haben zum Beispiel einige Wasserschäden, da steht für Teile der Verwaltung sogar ein Umzug an.
Und was planen Sie als Geschäftsführer noch?
NELSON Wir haben neben unseren eigenen Reihen viele Gastveranstalter, der wichtigste ist natürlich Heinersdorff. Trotzdem versuchen wir das Vermietungsgeschäft noch auszubauen, was uns ja auch wieder neue Einnahmen bringt.
Wenn die Symphoniker regelmäßig vor ihren Konzerten auch abends im großen Saal proben, fällt er dann für Gastveranstalter aus. NELSON Eben, deshalb muss man auch über ein Probenzentrum für das Orchester nachdenken. Davon kann auch die Oper profitieren.
Was hören Sie privat gern? NELSON Vieles. In Frankfurt habe ich für die Big-Band des Hessischen Rundfunks gearbeitet, da habe ich meine Liebe zum Jazz entdeckt. In der Klassik liebe ich Mahler, die Spätromantik überhaupt, aber auch Prokofieff sowie Schostakowitsch. Und Kammermusik und Oper auch.