Politiker, raus aus dem Hamsterrad
US-Präsident Donald Trump erscheint angeblich erst um 11 Uhr im Büro. Na und?!
Mathias Döpfner ist Musikwissenschaftler, Journalist, Vorstandschef des Springer-Verlages, Kaufmann und Feingeist. Einer wie Döpfner müsste eigentlich im gemischten deutschen Chor deutscher Bildungs- und Halbbildungsbürger die garstigen Lieder gegen Donald Trump, den großen Blonden mit den seltsamen Manieren, mitsingen. Tut er aber nicht. In der „Neuen Zürcher Zeitung“verpasst Döpfner seinen mehrheitlich amerikakritisch und linksliberal eingestellten Pressekollegen einen Rüffel. Wenn Donald Trump nur noch als Clown dargestellt werde, dächten sich die Menschen: Ganz so clownesk könne der Präsident wohl nicht sein. Und wenn die Journalisten ihn so geschlossen in die Tonne träten, gebe es vielleicht gute Gründe, das aus Prinzip anders zu sehen. Das jüngste Beispiel für die hilflose Art von Trump-Schelte sind böse gemeinte, im Grunde drollige, White-House-Home-Stories über einen Faulpelz, der erst gegen elf Uhr im Oval Office erscheint und viele Arbeitspausen einlegt. Das kann stimmen oder auf Bediensteten-Geschwätz beruhen. In Wahrheit sagen die Stunden, die jemand hinterm Schreibtisch verbringt, wenig über die Effizienz seiner Führungsarbeit aus. Vom großen US-Präsidenten Ronald Reagan wurde berichtet, dass er sich ab 17 Uhr in die privaten Ge- mächer seines Amtssitzes zurückgezogen habe. Geistige Arbeit – wir hoffen zu Gunsten Trumps, dass er solche leistet – lässt sich in keinen zeitlichen Rahmen pressen. Politische Führungskräfte, die meinen, nur eine Sieben-Tage-Woche im Hamsterrad von Partei, Fraktion, Ministerium verhelfe ihnen zu höherer Einsicht, kennen wir zur Genüge. Generell spricht einiges dafür, dass kluge Gedanken samt Führungskunst nicht das Resultat von Erschöpfung sind. Der Aktenfuchs und Sesselkleber gehört in die Registratur, nicht in die Regierung.
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