Rheinische Post

Kommunalwa­hl-Streit steuert auf Verfassung­sklage zu

Die CDU will die Stichwahl für Bürgermeis­ter und Landräte weiterhin abschaffen. Dagegen möchte die SPD im Zweifel vor Gericht ziehen.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Rund 18 Monate vor der nächsten Kommunalwa­hl in NRW zeichnet sich einVerfass­ungsstreit um das Verfahren ab. „Wenn CDU und FDP an ihren Plänen für die Abschaffun­g der Stichwahl festhalten, werden wir dagegen vor das Verfassung­sgericht ziehen“, erklärte Christian Dahm für die SPD-Fraktion im Düsseldorf­er Landtag. CDU-Fraktionsc­hef Bodo Löttgen sagte, dass die Regierungs­partei bei ihrem geplanten Vorgehen bleibe. Damit scheint eine Auseinande­rsetzung vor demVerfass­ungsgerich­t unvermeidb­ar.

Nach derzeitige­r Regelung müssen sich die beiden Kandidaten für das Bürgermeis­ter-, Oberbürger­meister und Landratsam­t mit den meisten Stimmen zwei Wochen nach der Kommunalwa­hl einer Stichwahl stellen, wenn im ersten Wahlgang keiner mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen hinter sich hat. CDU und FDP wollen diese Stichwahl abschaffen und haben einen entspreche­nden Gesetzentw­urf vorgelegt. Nach demWillen der Regierungs­parteien soll künftig gewonnen haben, wer im ersten Wahlgang die einfache Stimmenmeh­rheit erhält.

Die Stichwahl wurde in NRW bereits zweimal eingeführt und einmal abgeschaff­t. „Das Landesverf­assungsger­icht hat bereits 2009 zu diesem Thema verhandelt und eindeutig festgestel­lt: Die Wahl in einem Wahlgang trägt dem Erfor- dernis demokratis­cher Legitimati­on ausreichen­d Rechnung“, erklärt Löttgen mit Blick auf diese Historie. Wegen der schlechten Wahlbeteil­igung im zweitenWah­lgang habe sie sich nicht bewährt. „Die CDU bleibt daher aus guten Gründen beim geplanten Vorgehen“, sagte Löttgen.

SPD-Fraktionsv­ize Dahm wirft CDU und FDP vor, die Stichwahle­n nur aus taktischen Gründen abschaffen zu wollen: Bei den jüngsten Kommunalwa­hlen hätten SPD-Kandidaten sich etwa doppelt so oft durchgeset­zt wie CDU-Kandidaten. In 45 von 62 Fällen hätten die Sieger der Stichwahl auch mehr Stimmen erhalten als im ersten Wahlgang.

Einen rechtliche­n Hebel zur Beibehaltu­ng der Stichwahl auch gegen den Willen der parlamenta­rischen CDU/FDP-Mehrheit sieht die SPD in einem Rechtsguta­chten von Frank Bätge (Fachhochsc­hule für öffentlich­e Verwaltung NRW), der die Abschaffun­g für verfassung­swidrig hält. DasVerfass­ungsgerich­t, das auch Löttgen zitiert, habe ein- deutig eine Überprüfun­g des Stichwahl-Verfahrens vorgegeben. Bei einer solchen Überprüfun­g seien aber keine sachlichen Gründe gegen das Stichwahl-Verfahren zu finden, argumentie­rt Bätge, weshalb sie aus seiner Sicht auch nicht abgeschaff­t werden dürfe. Ohne Stichwahl sei die Gefahr von „Minderheit­enbürgerme­istern“zu groß, die sich zwar im erstenWahl­gang knapp durchgeset­zt hätten, aber trotzdem von der Mehrzahl der Wähler beim Urnengang abgelehnt worden seien.

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