Kommunalwahl-Streit steuert auf Verfassungsklage zu
Die CDU will die Stichwahl für Bürgermeister und Landräte weiterhin abschaffen. Dagegen möchte die SPD im Zweifel vor Gericht ziehen.
DÜSSELDORF Rund 18 Monate vor der nächsten Kommunalwahl in NRW zeichnet sich einVerfassungsstreit um das Verfahren ab. „Wenn CDU und FDP an ihren Plänen für die Abschaffung der Stichwahl festhalten, werden wir dagegen vor das Verfassungsgericht ziehen“, erklärte Christian Dahm für die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen sagte, dass die Regierungspartei bei ihrem geplanten Vorgehen bleibe. Damit scheint eine Auseinandersetzung vor demVerfassungsgericht unvermeidbar.
Nach derzeitiger Regelung müssen sich die beiden Kandidaten für das Bürgermeister-, Oberbürgermeister und Landratsamt mit den meisten Stimmen zwei Wochen nach der Kommunalwahl einer Stichwahl stellen, wenn im ersten Wahlgang keiner mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen hinter sich hat. CDU und FDP wollen diese Stichwahl abschaffen und haben einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Nach demWillen der Regierungsparteien soll künftig gewonnen haben, wer im ersten Wahlgang die einfache Stimmenmehrheit erhält.
Die Stichwahl wurde in NRW bereits zweimal eingeführt und einmal abgeschafft. „Das Landesverfassungsgericht hat bereits 2009 zu diesem Thema verhandelt und eindeutig festgestellt: Die Wahl in einem Wahlgang trägt dem Erfor- dernis demokratischer Legitimation ausreichend Rechnung“, erklärt Löttgen mit Blick auf diese Historie. Wegen der schlechten Wahlbeteiligung im zweitenWahlgang habe sie sich nicht bewährt. „Die CDU bleibt daher aus guten Gründen beim geplanten Vorgehen“, sagte Löttgen.
SPD-Fraktionsvize Dahm wirft CDU und FDP vor, die Stichwahlen nur aus taktischen Gründen abschaffen zu wollen: Bei den jüngsten Kommunalwahlen hätten SPD-Kandidaten sich etwa doppelt so oft durchgesetzt wie CDU-Kandidaten. In 45 von 62 Fällen hätten die Sieger der Stichwahl auch mehr Stimmen erhalten als im ersten Wahlgang.
Einen rechtlichen Hebel zur Beibehaltung der Stichwahl auch gegen den Willen der parlamentarischen CDU/FDP-Mehrheit sieht die SPD in einem Rechtsgutachten von Frank Bätge (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW), der die Abschaffung für verfassungswidrig hält. DasVerfassungsgericht, das auch Löttgen zitiert, habe ein- deutig eine Überprüfung des Stichwahl-Verfahrens vorgegeben. Bei einer solchen Überprüfung seien aber keine sachlichen Gründe gegen das Stichwahl-Verfahren zu finden, argumentiert Bätge, weshalb sie aus seiner Sicht auch nicht abgeschafft werden dürfe. Ohne Stichwahl sei die Gefahr von „Minderheitenbürgermeistern“zu groß, die sich zwar im erstenWahlgang knapp durchgesetzt hätten, aber trotzdem von der Mehrzahl der Wähler beim Urnengang abgelehnt worden seien.