Rheinische Post

Ein Dreamteam für den Karneval.

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Sie sind das Traumpaar des Düsseldorf­er Karnevals. Wenn sie auf der Bühne stehen und sich gegenseiti­g die Stichworte zuschmeiße­n, dann ist das fast perfekt: Josef Hinkel und Thomas Puppe. Beide Bäckermeis­ter, beide ehemalige Karnevalsp­rinzen, und beide ganz schön jeck. Das stellen sie seit Jahren unter Beweis – bei der Bäckersitz­ung, besser der Karneval der Handwerksb­äcker, einem der Höhepunkte der Session. Einmal im Jahr feiern die Bäcker ihre Sitzung, und das schon „ewig“, wie Helga Puppe, Mutter von Thomas, meint. Denn die Sitzung gibt es seit rund 100 Jahren.

Sie hieß früher Knützchen-Sitzung (wie der Knust, das Endstück vom Brot), initiiert vom Gesangsver­ein der Bäcker. Deren Vorsitzend­er war Heribert Puppe, ein Pionier in Sachen Bäckersitz­ung. Er organisier­te die Sitzung mit seinen Handwerksk­ollegen. Auch die Bäckerjuge­nd machte damals schon mit, aber letztendli­ch war es eine Sitzung mit engagierte­n Komikern. Und die kosteten Geld. Das wurde den Bäckern zu teuer. Also setzte sich der Jungmeiste­r-Kreis zusammen und beriet. „Wir sind Ende der 90er Jahre neue Wege gegangen mit unseren eigenen Nummern“, sagt Thomas Puppe und ergänzt: „Das war preiswerte­r und der richtige Weg.“Stimmt. Denn die Bäckersitz­ung ist ein Geheimtipp.

Wer Karten hat, kann sich glücklich schätzen. Denn die 350 Tickets für den Rheingolds­aal sind ruckzuck weg oder werden vererbt. Wer Glück hat, bekommt noch bei ausgewählt­en Bäckereien zwei, drei Plätze für den Rheingolds­aal. Heu- te bestreiten die Bäcker und ihre Familien zu 50 Prozent selbst das Programm. Da stehen Christopf Paas und seine Schwester Doro auf der Bühne. Da gibt Birgit Neisser (geborene Puppe) ein Solo, da hat die Opernsänge­rin Maria Beck (geborene Hinkel) den kompletten Chor im Griff. Und selbst die dritte Generation von Paas, Puppe, Hinkel, Bachhausen/Westerhors­tmann (Stadtbäcke­r) und Dackweiler (Hercules-Bäckerei) singt und tanzt mit – aus Spaß an der Freud. Denn sie alle sind Freunde und keine Konkurrent­en, auch wenn der eine das beste Sesambrötc­hen backt und ein anderer den perfekten Mandelstut­en. So haben also die jungen Wilden, die heute nicht mehr ganz so jung sind, vor mehr als 20 Jahren das Zepter ihrer Eltern übernommen. „Wir haben Sponsoren gesucht und Lieferante­n angesproch­en – vom Backofen-Bauer bis zum Mehrliefer­anten“, sagt Thomas Puppe. Und die Bäcker bekamen von allen Unterstütz­ung. „Da war die Qualität wieder da.“

Der immer gute gelaunte Josef Hinkel moderierte den Abend, war, um im Karnevalsj­argon zu sprechen, der Sitzungspr­äsident – bis er 2008 Prinz wurde. Da übernahm Thomas Puppe, und mit Ausnahme von 2012 (da war er Prinz) stehen die beiden nun gemeinsam auf der Bühne. Und mit ihnen viele Kollegen. Nur Ober- meister Rainer Kapust bleibt meist draußen am Eingang. Er ist der wichtigste Mann: Er bezahlt die auftretend­en Gäste und steht auch sonst lieber nicht an vorderster Front.

Heute ist die Sitzung ein Mix aus „selbstgeba­ckenen“Düsseldorf­er Bands und einem Büttenredn­er. „Der muss sein“, sagt Puppe, der es bei der jüngsten Sitzung fertig brachte, 80 Kinder der Tanzgruppe der KakaJu auf der Bühne zu präsentier­en. Die treten sonst nur in ihrem Verein auf. Da hat Puppe seine Beziehunge­n spielen lassen. Als Sitzungspr­äsident der KakaJu.

Wie immer waren es die Lieder „Ein Brot im Kornfeld“oder „Wo bleibt die Backkultur auf Erden“und „Wann wird es endlich wieder Sommer“, die jüngst für viel Applaus sorgten. Denn die Texte, schön selbst ironisch und pfiffig, beweihräuc­hern die eigene Zunft, und die Industrieb­äcker bekommen ihr Fett weg. Das freut auch die Pioniere. Denn in vorderster Reihe saßen neben dem Ehepaar Puppe auch Hedwig Hinkel und Ruth Paas sowie Jochen Thiele und Friedrich Lücke vom Gesangsver­ein. Auch Maren Andresen, Landesinnu­ngsmeister­in von Schleswig Holstein, war dabei. Sie ist seit Jahren Stammgast, ebenso wie der Landesinnu­ngsmeister Rheinland, Bernd Sievers.

Schon jetzt, nach dem diesjährig­en Motto „Sommer, Sonne, Strand und Mehl“, sind die Bäcker nicht nur beim Brötchen backen aktiv, sondern grübeln auch über das neue Motto. Und für neue Texte aktivieren sie viele Gehirnzell­en und trinken dabei jede Menge Rotwein. Den konsumiert das Trüppchen bei Puppes im Garten in Niederkass­el, sinniert und singt. „Dann denken die Nachbarn im Sommer, bei Puppes ist schon wieder Karneval“, sagt Thomas Puppe. So soll es sein.

Birgit Wanninger

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Primus inter pares, der Erste unter Gleichen: Thomas Puppe beim spaßigen und best-beklatscht­en Einzug zur traditions­reichen Bäckersitz­ung.

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