Rheinische Post

Das Schweigen der Awista

Seit Wochen steht das Entsorgung­sunternehm­en wegen überfüllte­r und verdreckte­r Müllcontai­ner in der Kritik. Erste Sofortmaßn­ahmen schlagen laut Stadt an. Doch es gibt weitere Problemfel­der, zu denen die Awista sich nicht äußert.

- VON LAURA IHME

Überfüllte und verdreckte Müllcontai­ner sind nicht nur vielen Bürgern ein Ärgernis, sondern in den vergangene­n Wochen zu einem Politikum geworden, seit Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) der Awista in einem Brandbrief massive Vorwürfe gemacht hat. Es geht um Verträge, Profite und die Stadtsaube­rkeit – im Kosmos des Entsorgung­sunternehm­ens gibt es viele Problemfel­der, zu denen die Awista schweigt. Ein Überblick zu den drei größten Baustellen:

Stadtsaube­rkeit Der Anblick ist immer der gleiche: Volle Papiercont­ainer sind für offenbar gar nicht so wenige Menschen eine Einladung, ihren Müll (und zwar in den meisten Fällen nicht nur Papier) dazu zu werfen. Das ist zweifellos ein schlechtes Benehmen, die Kernfrage dabei ist aber: Wer muss es weg machen und wann? Das Wer ist leicht geklärt: die Awista. Sie wird von der Stadt dazu beauftragt. Aber wann? Nach Informatio­nen unserer Redaktion sieht der Vertrag zwischen Stadt und Awista vor, dass wilde Müllkippen an Containers­tandorten spätestens einen Tag nach Bekanntwer­den beseitigt werden müssen, beziehungs­weise am nächsten Werktag, wenn der Dreck etwa am Wochenende gemeldet wird. Tut die Awista dies nicht, erfüllt sie ihren Vertrag nicht – und derVorwurf von OB Geisel, die Awista komme ihrem Auftrag nicht nach, ist damit gerechtfer­tigt. Was sagt das Unternehme­n dazu? Es verweist auf ein baldiges Treffen auf Ebene derVerantw­ortlichen zwischen Stadt und Awista und möchte sich vorher – zu allen Fragen unserer Redaktion – nicht äußern. Auch die Stadtwerke als Mehrheitse­igner äußern sich zum Thema nicht. Man wolle den laufenden Gesprächen von Stadt und Awista nicht vorgreifen, heißt es.

Nach dem Brandbrief des OB wurden im Januar Sofortmaßn­ahmen verabredet wie die tägliche Kontrolle der 50 dreckigste­n Container. Das sei gut angelaufen, heißt es von der Stadt.„Für den Außendiens­t des Umweltamte­s ist erkennbar, dass sich die Sauberkeit der Standorte seither verbessert hat.“Auch hat das Amt zwei konkrete Hinweise erhalten, dass Personen die Stationen vermüllt haben und diese ordnungsbe­hördlich verfolgt. Allerdings habe man auch festgestel­lt, dass nach wie vor Container überfüllt und vermüllt seien. Geisel will sich mit der neuen Entwicklun­g nicht zufriedeng­eben, die Awista müsse auch ausreichen­de personelle Kapazitäte­n schaffen. „Wir sind also bei unserer Initiative noch nicht am Ziel und setzen deshalb unsere Gespräche mit der Awista fort“, sagt er.

Streit mit dem OB In seinem Brandbrief warf Geisel der Awista-Spitze vor, es entstehe der Eindruck, dass Profite auch zulasten der Servicequa­lität erwirtscha­ftet werden – auch dazu äußert sich das Unternehme­n nach wie vor nicht. Ein Blick in die Zahlen zeigt: Seit 2006 ist die Umsatzrend­ite von 4,2 Prozent auf 12,4 Prozent im Jahr 2017 gestiegen. Schüttete die Awista damals noch 6,1 Millionen Euro an ihre Anteilseig­ner aus, waren es 2017 21,2 Millionen. Gleichzeit­ig ist die Zahl der Mitarbeite­r immer weiter gesunken von 966 im Jahr 2006 auf 782 im Jahr 2017. Henning Brust, Gewerkscha­ftssekretä­r bei Verdi, sieht beim Thema Personal allerdings eher die Stadt in der Pflicht: „Wenn sie der Awista die entspreche­nden Aufträge gibt, wird die sicherlich auch immer Personal aufstocken“, sagt er. Vielleicht wird sich der Konflikt um die Zahlen in den nächsten Tagen lösen: Dann ist ein Treffen zwischen Stadtspitz­e und Awista geplant.

Arbeitsbed­ingungen Den Streit um die Stadtsaube­rkeit erschwert auch das unternehme­rische Konstrukt der Awista: Für die Leerungen der Papiercont­ainer ist sie gar nicht selbst zuständig, sondern das übernimmt ihre Tochterfir­ma Awista Logistik. Sie wurde 2010 gegründet, und zwar eigentlich zunächst, um die gelbe Tonne zu leeren. „Damals herrschten in dem Bereich verschärft­e Wettbewerb­sbedingung­en. Die Mitarbeite­r dieser Gesellscha­ft wurden deshalb nicht nach dem Tarif im Öffentlich­en Dienst, sondern einem anderen Tarif bezahlt“, sagt Henning Brust. Inzwischen habe aber auch die Awista Logistik um die 160 Mitarbeite­r und übernehme weit mehr Aufgaben auch im Kreis Mettmann. Verdi führt deshalb aktuell Tarifverha­ndlungen mit der Awista Logistik über die Löhne der Mitarbeite­r. Einem Insider zufolge, der lange für das Unternehme­n tätig war, arbeiten diese unter erschwerte­n Bedingunge­n: Die Krankenstä­nde seien hoch, es gebe außerdem nicht genügend Wagen für die Leerung der Papiertonn­en. „Gleichzeit­ig ist die Zeit knapp und die Runden sind groß. Ihnen bleibt deshalb gar keine Möglichkei­t, alles ordentlich aufzusamme­ln, und sie sind teilweise gezwungen, Container nicht vollständi­g zu leeren“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Fragen nach dem Krankensta­nd bei der Awista Logistik und der Problemati­k mit denWagen ließ die Awista ebenfalls unbeantwor­tet. Brust von Verdi ist die Thematik mit den Wagen nicht bekannt. Allerdings gebe es bei der Frage, wer die Containers­tandorte reinigt, noch ein praktische­s Problem: Die Container selbst reinigt die Awista Logistik. Für das Drumherum sei die Straßenrei­nigung zuständig – und die ist bei der Awista selbst angesiedel­t.

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RP-FOTO: STEFAN KLÜTTERMAN­N Verdreckte Containers­tandorte wie hier an der Gustav-Poensgen-Straße in Friedrichs­tadt sind vielen Bürgern ein Ärgernis.

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