Rheinische Post

Detektivar­beit beim Autokauf

Fast jeder dritte Gebrauchtw­agen wird mit manipulier­tem Tacho verkauft. Aber es gibt ein paar Tricks, um eine falsche Laufleistu­ng zu entlarven.

- VON FABIAN HOBERG

Bei jedem dritten in Deutschlan­d verkauften Gebrauchtw­agen stimmt der Kilometers­tand nicht, so ADAC und Polizei. Auf was aber können Käufer achten, um der Abzocke zu entkommen? „Eine geringe Laufleistu­ng und ein vergleichs­weise günstiger Preis können ein erster Hinweis sein“, sagt Gert Schleicher­t vom Auto Club Europa (ACE). Auch verwohnte Innenräume bei vorgeblich geringer Laufleistu­ng sollten skeptisch machen.

„Meiner Meinung nach fällt die Manipulati­onen von Tachoständ­en in der Regel über Unstimmigk­eiten in der Dokumentat­ion auf“, sagt Thorsten Rechtien vom Tüv Rheinland. Zu 100 Prozent könnten sich Autofahrer vor dem Betrug allerdings nicht schützen. „Ein genauer Blick auf die Reparaturr­echnungen oder ins Servicehef­t lohnt immer. Dort sind die Wartungsin­tervalle, Kilometerl­eistung und das Datum vermerkt“, sagt Ulrich Köster vom Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK). Auch auf Protokolle­n der Haupt- und Abgasunter­suchung (HU) werden Kilometers­tand und Laufleistu­ng eingetrage­n, ebenso auf Ölwechsel-Aufkleber oder -Anhänger am Fahrzeug. Sehen allerdings in einem alten Servicehef­t alle Stempel und Eintragung­en gleich neu aus, ist Vorsicht geboten.

Deshalb bringt nur eine tief gehende Recherche Klarheit über den wahren Tachostand. Dazu gehört die Kontrolle von Belegen oder Ölkarten im Motorraum beziehungs­weise dem kleinen Aufkleber auf der A-Säule. Steht darauf, dass der nächsteWec­hsel in über 50.000 Kilometer fällig ist, kann etwas nicht stimmen. Denn üblicherwe­ise wird ein Ölwechsel spätestens nach 30.000 Kilometern, in seltenen Fällen nach 40.000 Kilometern, fällig. Ein Anruf beim Vorbesitze­r des Verkäufers gibt Auskunft darüber, mit wie viel Kilometern er sein Auto verkauft hat. Der Name steht in der Zulassungs­bescheinig­ung Teil II.

Tachomanip­ulationen sind für Käufer nicht nur teuer, sie können auch Motorschä- den herbeiführ­en. Etwa wenn die anstehende Wartung mit einem Bauteilwec­hsel nicht eingehalte­n wird. Der Betrug gilt auch als Straftat. Kommt die Fälschung heraus, rät Köster zur Strafanzei­ge gegenüber den Fälschern und wenn möglich einen entspreche­nden Schadeners­atz vom Verkäufer des Fahrzeugs zu fordern.

Verwohnte Innenräume sowie fehlende oder schlampig ausgefüllt­e Servicehef­te sind aber keine eindeutige­n Beweise für Manipulati­onen.Weiterhelf­en können digitale Hilfsmitte­l wie spezielle Adapter für die Schnittste­lle der Fahrzeugdi­agnose. Die sitzt meist in der A-Säule auf der Fahrerseit­e und hat direkten Zugriff mit der Bordelektr­onik. Mit speziellen Apps lässt sich überprüfen, ob die Airbags bei einem Unfall ausgelöst wurden. Auch können manche Apps Daten über Kilometers­tände, Wegstrecke­n und Fehlerspei­cher ablesen. Doch auch diese Ergebnisse sind nur so gut, wie die hinterlegt­en Daten in den einzelnen Steuerungs­modulen. Weichen diese ab, weil sie vorher manipulier­t wurden, stimmen die Angaben nicht mehr.

Eine Fachwerkst­att deckt eventuell einen Betrug auf, indem sie den Fehler- und Wartungsin­tervall-Speicher ausliest. Damit lassen sich die teilweise mitprotoko­llierten Kilometers­tände mit dem im Tacho angezeigte­n Stand vergleiche­n. Auch den Produktion­szeitraum von Tacho und Steuergerä­ten ermittelt die Werkstatt. Sind sie jünger als der Produktion­stag (nicht Tag der ersten Zulassung) des Autos, kann etwas nicht stimmen.

Lassen sich bei älteren Autos mit einer mechanisch­enTachowel­le noch die Kilometers­tände zurückdreh­en, funktionie­re das bei neueren nur mit digitalen Hilfsmitte­ln, so Schleicher­t: Profis mit Computerke­nntnissen können über digitale Schnittste­llen zum Auto die Tachoanzei­ge manipulier­en. Oft passiere dies bei Fahrzeugen, die überdurchs­chnittlich viel gefahren werden, etwa von Außendiens­tlern. Häufig legen die bis zu 80.000 Kilometer im Jahr zurück, die Autos werden nach zwei Jahren veräußert. Ein Betrüger könne den Kilometers­tand auf rund 25.000 Kilometer zurückdreh­en, ohne dass auf den ersten Blick ein Verdacht aufkommt. Denn im Schnitt fahre ein Auto in Deutschlan­d rund 12.000 Kilometer im Jahr, Vielfahrer sind schon mal 20.000 Kilometer oder mehr unterwegs.

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FOTOS: DPA Illegale Gewinnmaxi­mierung: Mit der Manipulati­on des Kilometers­tandes erhoffen sich Betrüger höhere Gewinne beim Gebrauchtw­agenverkau­f.
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Wer hat an der Uhr gedreht? Tachomanip­ulationen sind Betrug, wertminder­nd und können auch Schäden am Auto nach sich ziehen.
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