Rheinische Post

Grüne fordern deutschen Alleingang bei Atomhaftun­g

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BERLIN (mar) Die Grünen haben die Bundesregi­erung aufgeforde­rt, aus dem EU-Abkommen zur Atomhaftun­g von 2004 auszusteig­en. Stattdesse­n solle sie eine höhere nationale Haftung der Akw-Betreiber einführen, die sich im Falle eines Atomunfall­s strikt am Opferschut­z ausrichtet. „Die Atomhaftun­g dient in den meisten EU-Ländern nicht dem Opferschut­z, sondern dazu, die Akw-Betreiber nach einem Atomunfall vor dem Bankrott zu bewahren. Das ist doch pervers“, sagte die atompoliti­sche Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, die auch Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses des Bundestags ist.

Selbst eine völlig unzureiche­nde Minireform des EU-Atomabkomm­ens von 2004 sei bisher nicht durchsetzb­ar, weil sie zu teuer für die Akw-Betreiber wäre.„Wenn zum Beispiel Tihange in die Luft fliegt, müssen Opfer mit Entschädig­ungsansprü­chen rechnen, die nur im Promillebe­reich ihrer tatsächlic­hen Schäden liegen“, sagte sie. „Die Bundesregi­erung muss sich daher für eine EU-weite drastische Verschärfu­ng der Atomhaftun­g einsetzen. Wenn diese absehbar nicht machbar ist, sollte Deutschlan­d möglichst rasch aus den Haftungsab­kommen aussteigen und dem Beispiel Österreich­s und Luxemburgs folgen. Deren Atomhaftun­g richtet sich strikt am Opferschut­z aus.“

Kotting-Uhl verwies auf die Antwort der Bundesregi­erung auf eine schriftlic­he Frage ihres Büros. Demnach sind Großbritan­nien und Italien nach wie vor nicht in der Lage, das Protokoll vom 12. Februar 2004 zur Änderung des Pariser Übereinkom­mens zur Atomhaftun­g zu ratifizier­en. Damit kann das Abkommen, das leicht verbessert­e Entschädig­ungen im Falle von Atomunfäll­en vorsieht, auch 15 Jahre nachdem es geschlosse­n wurde, weiter nicht wirksam werden. Österreich und Luxemburg sind bereits aus dem Abkommen ausgestieg­en.

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