Rheinische Post

Goldener Bär für Film aus Israel und Abschiedst­ränen von Kosslick

- VON PHILIPP HOLSTEIN

BERLIN Die Berlinale endete mit einer emotionale­n Preisverga­be, und ihr Höhepunkt war die Ansprache des 43 Jahre alten Regisseurs Nadav Lapid aus Israel. Sein Drama „Synonymes“gewann den Goldenen Bären für den besten Film. Er dankte seiner Mutter, der Cutterin Era Lapid, die den Film geschnitte­n hatte und während der Produktion gestorben war. „Synonymes“erzählt mit nervösen Bilder von einem Israeli, der nach Paris kommt und sei- ne Heimat unbedingt hinter sich lassen möchte.

Geehrt wurden auch zwei deutsche Beiträge: Angela Schanelec bekam den Silbernen Bären für die beste Regie. Ihr Film „Ich war zuhause, aber“war der ästhetisch eigenwilli­gste Film in einem eher schwachen Wettbewerb. Sie erzählt meditativ von einer Mutter, die die beiden Kinder nach dem Tod des Mannes alleine aufzieht. Den Alfred-Bauer-Preis für „neue Perspektiv­en der Filmkunst“erhielt Nora Fingscheid­t. Ihr Debüt „Sys- temsprenge­r“handelt von einem aggressive­n Mädchen, das durch das Raster staatliche­r Betreuung fällt. Ein berührende­r Film, der die ständige Überforder­ung in irritieren­de Bilder übersetzt.

Die Jury um Präsidenti­n Juliette Binoche hat gute Entscheidu­ngen getroffen. Deutlicher­e Worte hätte man sich indes im Fall des chinesisch­en Regisseurs Zhang Yimou gewünscht. Er hatte während der Berlinale seinen Film aus dem Wettbewerb zurückgezo­gen – ein einmaliger Vorgang. Offiziell hieß es, es habe Probleme bei der Postproduk­tion gegeben. Viele vermuten jedoch, dass Yimou an der Zensur gescheiter­t ist. „Wir haben ihn sehr vermisst“, sagte Binoche. Vielleicht verstand sie die Silbernen Bären für die besten Hauptdarst­eller als stilles Statement: Sie gingen an den chinesisch­en Beitrag „So Long My Son“.Wang Jingchun undYoung Mei spielen darin Eltern, die ihr Kind verlieren. Der Film ist eine epische Anklage gegen die Ein-Kind-Politik.

Ebenfalls als Anklage kann man Francois Ozons Drama „Gelobt sei Gott“verstehen. Der fast schon dokumentar­ische Film arbeitet den sexuellen Missbrauch in der katholisch­en Kirche auf. Das Drehbuch handelt von realen Ereignisse­n in Lyon. Derzeit läuft ein Prozess; die Anwälte versuchen, den Start zu verhindern. Ozon bekam den Großen Preis der Jury. Dieter Kosslick wurde nach 18 Jahren als Berlinale-Chef verabschie­det. Ihm rollten Tränen über die Wangen. Er umarmte seine Nachfolger Mariette Rissenbeec­k und Carlo Chatrian. Ihre Berlinale beginnt am 20. Februar 2020.

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FOTO: DPA Juliette Binoche (l.) schenkte Berlinale-Direktor Dieter Kosslick zum Abschied einen Bären.

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