Rheinische Post

CSU-Minister lenken Geld nach Bayern

Die Grünen werfen dem Verkehrsmi­nisterium vor, das CSU-regierte Land seit Jahren zu begünstige­n. Wird der Rechnungsh­of prüfen?

- VON JAN DREBES

BERLIN 2014 schickte Alexander Dobrindt (CSU) eine SMS an den Bürgermeis­ter von Oberau in Oberbayern: „Ich werde morgen die Baufreigab­e für die Ortsumfahr­ung Oberau machen. Alles wie besprochen. Du zahlst das Fest.“Dem Verkehrsmi­nister gelang damit eine handfeste Überraschu­ng – in Oberau und im Bundestag. Der Bürgermeis­ter hatte nicht damit gerechnet, den Durchgangs­verkehr so zügig loszuwerde­n. Und die Abgeordnet­en wussten von nichts. 165 Millionen Euro flossen nach Oberau, quasi auf dem kurzen Dienstweg. Der Ort liegt mitten in Dobrindts Wahlkreis.

Aber stimmt es, was die Grünen jetzt anprangern? Dass Bayern überpropor­tional von Mitteln aus dem Verkehrsmi­nisterium profitiert? „Die CSU-Verkehrsmi­nister praktizier­en eine ganz spezielle Art des Länderfina­nzausgleic­hs: mehr Geld für Bayern, weniger für die anderen Bundesländ­er“, sagt Oliver Krischer, Grünen-Fraktionsv­ize im Bundestag. „Und da reden wir nicht über hier eine Million und da eine Million, sondern da geht es im Laufe der Jahre um Milliarden Euro.“

Seit nunmehr knapp zehn Jahren ist das Verkehrsre­ssort fest in der Hand der CSU, in Bayern sitzt sie seit dem ZweitenWel­tkrieg in der Regierung, seit 1957 stellt sie den Ministerpr­äsidenten. Politische Nähe ist also da, automatisc­h. Gleichwohl gibt es in Deutschlan­d feste Regeln für dieVergabe von Bundesmitt­eln – insbesonde­re imVerkehrs­sektor, wo der Bund von der Nordsee bis in die Alpen Autobahnen, Schnellstr­aßen und Brücken unterhält.

„Seit die CSU 2009 das Verkehrsre­ssort übernommen hat, geht jedes Jahr ein höherer Anteil des Budgets nach Bayern, und das ist definitiv nicht Zufall“, meint Grünen-Politiker Krischer. Im Verkehrsmi­nisterium sieht man das natürlich anders. Dort weist man denVorwurf zurück, dass einzelne Länder wie Bayern bei Investitio­nsentschei­dungen zum Neubau oder Erhalt von Bundesstra­ßen oder bei Zuweisunge­n von Forschungs­mitteln bevorzugt würden. Ein nüchterner Blick auf die Zahlen ergibt ein differenzi­ertes Bild.

Keinem anderen Bundesland stand 2018 so viel Geld für Bundesstra­ßen zur Verfügung wie Bayern. Knapp 1,8 Milliarden Euro plante das Verkehrsre­ssort dort ein, gefolgt von NRW mit 1,25 und Baden-Württember­g mit 1,1 Milliarden. Niedersach­sen und Hessen kamen auf gut 830 und 740 Millionen Euro. Auch 2017 ging der Löwenantei­l des sogenannte­nVerfügung­srahmens mit 1,5 Milliarden an Bayern, NRW landete bei knapp 1,2 Milliarden. Das geht aus der Antwort des Verkehrsmi­nisteriums auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor.

Die tatsächlic­hen Ausgaben lagen 2018 aber teils höher, da nicht abgerufene Mittel eines Landes wieder allen zur Verfügung stehen. Wer dann ein fertig geplantes Projekt vorweisen kann, bekommt oft den Zuschlag. So lagen die Ausgaben des Verkehrsmi­nisteriums für Bayern zuletzt bei gut zwei Milliarden Euro, für NRW bei 1,4 und für Baden-Württember­g bei 1,2 Milliarden. Hessen und Rheinland-Pfalz kamen auf 862 und 552 Millionen.

Das Verkehrsmi­nisterium verweist dazu auf die unterschie­dliche Ausstattun­g der Landesbehö­rden. So könnten Bundesmitt­el nur in Projekte fließen, für die die Bundesländ­er Planungen durchgefüh­rt und Baurecht geschaffen hätten. Sprich: Bayern stellt offenbar mehr Personal und Ressourcen für den Bundesfern­straßenber­eich. Das musste NRW auch schon neidvoll anerkennen, als nicht abgerufene Mittel wieder an den Bund gingen.

Grünen-Politiker Krischer sieht das anders: „Es geht nicht immer mehr Geld nach Bayern, weil dort die Planungsbe­hörden besonders gut sind.“Die CSU-Minister hätten die Spielregel­n gerade bei den Bundesstra­ßen verändert. Jetzt würden umfangreic­he Sonderprog­ramme aufgelegt, deren Mittel dann oft zu einem Drittel nach Bayern gingen. Es gelte das Prinzip: Wer zuerst einreicht, bekommt den Zuschlag. „Und ich gehe davon aus, dass die bayerische­n Behörden schon vor allen anderen von diesen Sonderprog­rammen erfahren und entspreche­nd vorplanen“, so Krischer.

Angeblich soll auch bei der Bahn Druck herrschen, wichtige Zukunftspr­ojekte nach Bayern zu geben. „Die neueste Technik für weniger Trassenlär­m oder neuartige Batterie-Loks wird dann halt in Bayern ausprobier­t, weil kein Bahnmanage­r abgestraft werden will“, sagt der Grünen-Politiker. Er wolle jetzt anregen, dass der Bundesrech­nungshof sich die Mittelabfl­üsse beim Verkehrsmi­nisterium genauer anschaut, gerade bei den Forschungs­töpfen. „Mich würde auch nicht wundern, wenn hier ein unrechtmäß­iges Handeln vorliegt, weil Amtsgewalt ausgenutzt und gegen das Neutralitä­tsgebot verstoßen wurde“, sagt Krischer. Bei den unabhängig­en Prüfern sieht man jedoch auf Anfrage zunächst keinen Anlass. Die Ausgaben des Bundes in den Ländern unterlägen dem Haushaltsr­echt und seien transparen­t beschlosse­n worden.

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