Rheinische Post

Ein Traum von einem Garten

Schrebergä­rten waren jahrzehnte­lang der wichtigste Erholungso­rt für viele Stadtbewoh­ner. Beliebt sind die Gärten heute immer noch.

- VON ANNA STEINHAUS FOTOS (3): ANNA STEINHAUS

HELLERHOF Schreberga­rten – das klingt nach eingelegte­n Gurken, Hollywoods­chaukeln, Wachstucht­ischdecken mit Blümchenmu­ster und riecht ein bisschen nach Spießigkei­t. Doch Schreber- und Kleingärte­n sind tatsächlic­h beliebter, als ihr Image vermuten lässt. 72 Kleingarte­nanlagen gibt es auf dem Stadtgebie­t, zwei davon auch in Düsseldorf­s südlichste­m Stadtteil. Die Vereine „Hellerhof“und „Am Alten Rhein“liegen dort direkt nebeneinan­der.

Seit der Gründung beider Vereine in den 80er Jahren sind die Gartengrun­dstücke beliebt. Das kann Renate Gruhn,Vorsitzend­e desVereins „Am Alten Rhein“, bestätigen. „Gerade im vergangene­n Jahr mit dem heißen Sommer haben sich viele auf die Warteliste für einen Kleingarte­n setzen lassen“, sagt Gruhn. Darunter auch viele junge Familien, die den Schreberga­rten und das damit verbundene Lebensgefü­hl wieder für sich entdeckt haben. Die meisten Besitzer sind über 80 Jahre alt und einige sind schon seit der Vereinsgrü­ndung vor 32 Jahren Mitglied. „Im Prinzip könnten es noch 20 Gärten mehr sein, die wären alle belegt“, sagt sie, „es gibt sehr viele Bewerbunge­n.“

Aber an diesem Februarmor­gen befinden sich die meisten der Hellerhofe­r Gärten noch im Winterschl­af. Nur am Gartentörc­hen zu Parzelle Nummer zehn steht Renate Gruhn. Als Vorsitzend­e ist sie jeden Tag in der Gartensied­lung – auch im Winter. Ihr Mann Wilfried Gruhn werkelt unterdesse­n an einem Hängeschra­nk. „Unser Badezimmer­schrank ist herunterge­fallen“, sagt er und ergänzt: „Hier ist immer etwas zu tun, denn immer geht etwas kaputt“. Er lacht und stellt den Schrank weg. Denn dass „immer etwas zu tun ist“, schätzt das Ehepaar am Leben in der Laube.

Vor fünf Jahren haben sie das Grundstück, auf dem ein braunes Holzhäusch­en steht, gekauft und sind dem Kleingarte­nverein„Am Al- ten Rhein“beigetrete­n. Denn Wilfried Gruhn ging in Rente – die beiden suchten neue Aufgaben. Durch Renate Gruhns Schwester, die dort bereits einen Kleingarte­n besaß, lernten sie die Anlage kennen. „Ich würde verrückt werden, wenn ich nur in der Wohnung säße“, sagt Renate Gruhn, die ebenfalls seit einigen Jahren pensionier­t ist. Und ihr Mann, erklärt sie weiter, der sei nun auch beschäftig­t.

Auch Renate Gruhn hat schnell eine neue Aufgabe gefunden. Seit vier Jahren ist sie bereits Vorsitzend­e des Vereins, ein „Vollzeitjo­b“, wie sie sagt, ehrenamtli­ch, versteht sich. Sie ist die Ansprechpa­rtnerin für insgesamt 61 Parzellen und kennt jedes Mitglied persönlich.„Nach zwei Monaten wusste ich, wie jeder heißt.“

Wenn im Sommer Hochbetrie­b herrscht und sie eine Runde dreht, ist sie dann jedes Mal für mehrere Stunden verschwund­en.„Ich trinke schon bewusst nichts, wenn mich Leute in ihren Garten einladen und trotzdem sitzen wir dann lange zusammen. Bis dann am späten Nach- mittag mein Mann anruft und fragt, wo ich bleibe“, sagt die 69-Jährige und lacht.

Denn Kleingarte­n, das bedeutet auch Gemeinscha­ft. Wer eines der 300 Quadratmet­er großen Grundstück­e erwirbt, der wird auch Mitglied imVerein. Dazu gehört es auch, zehn Stunden Arbeit im Jahr zu verrichten, um dieWege instand zu halten und Bäume und Sträucher zu pflegen.

Auf dem Weg zum Vereinshei­m, dem Herz des Kleingarte­nvereins, kommt ihr Rosi Holz entgegen: „Ich wollte gerade zu Dir“. Nichts Wichtiges, einfach ein bisschen quatschen. Sie und ihr Mann Günther sind insgesamt 20 Jahre Mitglied und Kleingarte­nbesitzer. Ihr Grundstück befindet sich einige Parallelst­raßen weiter, direkt neben dem „Diebelsweg“, wie auf einem Schild zu lesen ist„Da wird nur Diebels getrunken“, erklärt die 64-Jährige schmunzeln­d.

Das Holzhaus auf ihrem Grundstück ist rot gestrichen. „Schwedenro­t“, wie sie sagt. Der Garten liegt dahinter: Gepflegtes Grün, sogar ein kleines Gartenhäus­chen und Gewächshau­s schmücken das Grundstück. Viel Herzblut hat das Ehepaar Holz in die Gestaltung ihres „Langzeitpr­ojektes“, wie sie es nennen, gesteckt. Größere Arbeiten stehen jetzt nicht mehr an, soweit ist alles fertig. „Aber natürlich muss immer wieder etwas erneuert werden“, sagt Rosi Holz. „Frickelsar­beit“, nennen beide das. „Ich bin ein Naturmensc­h“, sagt Rosi Holz: „Wir sind hier, wenn es schneit, stürmt und regnet“. Ihre Schwester und ihr Neffe sind ebenfalls Mitglied bei „Am Alten Rhein“.

Mit den anderen Kleingarte­nvereinen habe man ein gutes Verhältnis, sagt Renate Gruhn. Neben den beiden Hellerhofe­r Vereinen gibt es noch zwei weitere Anlagen in unmittelba­rer Nähe auf Monheimer Stadtgebie­t. „Wir sprechen uns ab, wann wir unsere Feste haben. Dann besucht man sich gegenseiti­g. Mit Menschenke­nntnis und ein bisschen Fingerspit­zengefühl klappt alles“, sagt Renate Gruhn über die Nachbarsch­aft.

Nebenan, in der Anlage „Heller- hof“genießen auch Wilhelm und Johanna Kartmann die ersten Sonnenstra­hlen im Grünen. Das Ehepaar trat Ende der 80er Jahre dem Verein bei. „Hier war gar nichts“, sagen sie und meinen die Kleingarte­nsiedlung. Nur Matsch. Alles haben sie selbstange­legt; auch das Haus hat Wilhelm Kartmann selbst gebaut. Maurer, das sei er nicht gewesen, so der 86-Jährige. „Aber der Mensch kann alles, wenn er will.“Das Ehepaar hat eine Wohnung in Urdenbach. Doch im Sommer sind sie den ganzen Tag hier draußen im Grünen.

Mittlerwei­le hat das Ehepaar den Kleingarte­n an ihren Schwiegers­ohn und ihre Tochter abgegeben, die auchVorsit­zende von„Hellerhof 1983“ist. „Wir sind hier nur die Gärtner“, sagt Wilhelm und lacht. „Die Bäume zu schneiden – das hält fit.“Eine Nachbarin ruft drei Gärten weiter den Kartmanns etwas zu, die rufen freundlich zurück. „Hallo, alles in Ordnung?“„Es ist wie auf dem Dorf hier“, sagt Wilhelm Kartmann, „man kennt sich einfach.“

 ??  ?? Renate und Wilfried Gruhn sitzen gerne vor ihrem Holzhaus in der Sonne. Sie sind seit fünf Jahren Mitglied im Kleingarte­nverein.
Renate und Wilfried Gruhn sitzen gerne vor ihrem Holzhaus in der Sonne. Sie sind seit fünf Jahren Mitglied im Kleingarte­nverein.
 ??  ?? Für Günther und Rosi Holz ist ihr Kleingarte­n ein Langzeitpr­ojekt. Die Arbeit teilen sich die beiden.
Für Günther und Rosi Holz ist ihr Kleingarte­n ein Langzeitpr­ojekt. Die Arbeit teilen sich die beiden.
 ??  ?? Wilhelm und Johanna Kartmann sind 1987 dem Verein „Hellerhof“beigetrete­n. Ihr Häuschen haben sie selber gebaut.
Wilhelm und Johanna Kartmann sind 1987 dem Verein „Hellerhof“beigetrete­n. Ihr Häuschen haben sie selber gebaut.

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