Rheinische Post

Luke Perry – Schwarm meiner Jugend

Undurchsch­aubar, grüblerisc­h, bildschön – als „Beverly Hills, 90210“in Deutschlan­d anlief, verknallte sich unsere Autorin, damals 13, in Dylan McKay. Gespielt hat ihn der am Montagaben­d mit 52 Jahren verstorben­e US-Amerikaner Luke Perry.

- VON BARBARA GROFE

Düsseldorf Nach 21 Sekunden ist alles klar. Alleraller­spätestens nach 59 Sekunden. Luke Perry zieht in Sekunde 21 zwei Mal die rechte Augenbrauh­e hoch, und in Sekunde 59 lächelt er in die Kamera. Leicht von unten und total cool und total schüchtern gleichzeit­ig. Für mein 13 Jahre altes Ich, das so weit entfernt war von erzählensw­erten Jungsgesch­ichten wie Geldern von Los Angeles, reichten 1992 imVorspann der Teenie-Serie „Beverly Hills, 90210“diese beiden Minimoment­e, um sich inbrünstig zu verknallen. Um Poster an die Wand des Raums zu hängen, der nicht mehr Kinder- , aber auch noch nicht Jugendzimm­er war. Um „Beverly Hills, 90210“-Bücher zu kaufen, die – aus heutiger Sicht – irre schlecht geschriebe­n waren. Und um immer wieder samstags vorm Fernseher zu sitzen. In all den Jahren ist Luke Perry immer der Herzenspro­tagonist geblieben. Jetzt ist der Schauspiel­er im Alter von 52 Jahren an den Folgen eines Schlaganfa­lls gestorben.

„Beverly Hills, 90210“, das war im Kern die Geschichte der Zwillinge Brandon und Brenda Walsh, die aus dem öden und ewigversch­neiten Minnesota von ihren Eltern nach L.A. verpflanzt werden, und die so überhaupt nicht in die Schickimic­ki-Schönheits-OP-Dauersonne­nschein-Welt passen wollen. An der West Beverly Hills High School lernen sie Kelly Taylor kennen (die Schöne, die dumm wirkte, es aber nicht war), Donna Martin (ein wenig weniger schön, dafür aber herzensgut und etwas schlicht), Steve Sanders (der tumbe und stinkreich­e Aufreißer), Andrea Zuckerman (die Kluge) – und Dylan McKay. Surfer, Außenseite­r, gefühliger Typ, Beschädigt­er, Geheimnisv­oller.

Mädchen, die „Beverly Hills“geguckt haben, spielten in der Regel im Team Brandon oder im Team Dylan, beides ging nicht, und andere Typen kamen ohnehin nicht infrage. Brandon war (bis auf wenige Ausreißer, die zeigen sollten, dass auch er nur ein Mensch ist) schwiegerm­utterperfe­kt: strebsam, freundlich, direkt, meistens lieb – und damit sterbensla­ngweilig. Dylan schien wie der Brandon-Gegenentwu­rf. Aus dem Einzelgäng­er wurde man nie wirklich schlau – Brenda nicht, Brandon nicht, die Zuschauer nicht. McKays Familie war zerrüttet, es gab das Gerede über Alkohol- und Drogenprob­leme, Brenda wollte ihn reparieren, Brandon irgendwie auch. Geklappt hat das nie. McKay fuhr einen schwarzen Porsche Speedster von 1964, und auch wenn mir Autos immer schon herzlich egal waren, war der doch wahnsinnig cool. Dylan hatte keine Frisur, die nach aufwändige­m Föhnen und nach Rundbürste aussah wie die von Brandon, sondern lässig und ungewollt. Über McKays rechter Augenbraue war eine Narbe, weil er als Kind angeblich mal gegen einen Getränkeau­tomaten gerannt ist. Frühmorgen­s fuhr er gern zum Surfen, und immer, wenn ihn die Kamera dabei zeigte, konnte man Brenda so gut verstehen, die völlig irre war wegen dieses Typen, der sie immer nur ein bisschen an sich herankomme­n ließ und dann wieder gar nicht. Luke Perrys Dylan war ein Serien-Badboy, der kein echter war. Er schien einfach nur ein bisschen zu beschädigt vom Leben.

Ausgestrah­lt wurde die Serie zwischen 1992 und 2000, Perry spielte in 199 der 293 Folgen mit. Irgendwann pausierte er ein paar Jahre, probierte sich in anderen Fernsehpro­duktionen und spielte unter anderem in „Das fünfte Element“mit BruceWilli­s. Zuletzt war er in der Serie „Riverdale“zu sehen.

Und doch: Irgendwie ist er immer Dylan McKay geblieben. Aber Luke Perry haderte nicht damit. In einem Interview mit einer schwedisch­en Zeitung sagte er einmal, dass es okay sei, ihn auf ewig mit dieser Figur zu verbinden – er habe Dylan McKay schließlic­h erschaffen.

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FOTO: TIMOTHY WHITE Eine klassische Dylan-McKay-Pose: immer ein bisschen grüblerisc­h, immer verdammt lässig.

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