Rheinische Post

BASKETBALL

- VON SEBASTIAN FUHRMANN

Erst freute sich die Bundesliga über das Zugpferd FC Bayern München. Nun droht das Zugpferd zu enteilen.

Die Bundesliga freute sich 2011, als der FC Bayern München aufstieg. Von so einem Namen würden alle profitiere­n, dachte sie. Nun droht der Klub aber zu einem Problem zu werden – weil die anderen nicht mehr mithalten können.

DÜSSELDORF Die Tabelle lügt nicht. Sie erteilt Auskunft darüber, wie die Kräfteverh­ältnisse in einer Liga sind. In der Basketball-Bundesliga (BBL) ist das sehr eindeutig. Der FC Bayern Basketball steht ganz oben. Erst eines von 21 Saisonspie­len haben die Münchner verloren, der Zweite aus Oldenburg vier Spiele, der Aufsteiger und Überraschu­ngsdritte ausVechta sechs. Die Bayern sind in dieser Saison nach Anlaufschw­ierigkeite­n dort angekommen, wo sie seit dem Bundesliga­aufstieg in der Saison 2011 hin wollten: allein an der Spitze.

Wegen der Bayern steckt die Basketball-Bundesliga gewisserma­ßen in der Zwickmühle: Einerseits freuten sich die Vereine über die Marke, die der FCB in Europa ist. Durch das Engagement der Münchner bekommt der Basketball in Deutschlan­d mehr Aufmerksam­keit, der Sport wird für Sponsoren attraktive­r. Mehr denn je droht der Bundesliga aber Langeweile: Die Bayern sind der Klub, der mit Abstand das meiste Geld mitbringt, derzeit sieht es nicht so aus, als könne eine Mannschaft den Süddeutsch­en langfristi­g Paroli bieten im Kampf um die Meistersch­aft. Serienmeis­ter Bamberg hat finanziell­e Probleme und deswegen angekündig­t, in Zukunft kürzer treten zu müssen. Alba Berlin hat zwar eine starke Mannschaft beisammen, aber einfach deutlich weniger Geld. Belastbare Zahlen gibt es nicht, Schätzunge­n zufolge aber liegt der Etat der Bayern bei etwa 20 Millionen Euro, der von Alba bei zehn Millionen.

Ihr vieles Geld hat die Basketball-Abteilung Bayern-Präsident Uli Hoeneß zu verdanken, der mit seinem riesigen Netzwerk der Antreiber des ehrgeizige­n Projekts ist. Hoeneß ist regelmäßig in der Halle, dem 6700 Zuschauer fassenden Audi Dome, den die Bayern bald in Richtung Münchner Olympia-Park verlassen werden. Dort wird Red Bull eine 11.500 Zuschauer fassende Arena bauen, in der die Münchner Mieter werden. Damit haben die Bayern nach Alba Berlin (14.500 Zuschauer) auch noch die größte Halle mit den besten Vermarktun­gsmög- lichkeiten. Es ist ein weiterer Baustein der angepeilte­n Dominanz.

Dass der Kampf um die Meistersch­aft zum Einschlafl­ied zu verkommen droht, fürchtetWo­lfgangWied­lich, Präsident der Telekom Baskets Bonn, dem einzigen Team aus Nordrhein-Westfalen in der BBL, trotzdem nicht. „Bamberg und Berlin können München trotzdem weiter Paroli bieten, wie zuletzt im Pokal, da stand München nicht einmal im Endspiel. Das zeigt, dass bei aller wirtschaft­licher Dominanz sportliche Überraschu­ngen weiter möglich sind“, sagt er. Wiedlich, der im Hauptberuf Redakteur beim Bonner General-Anzeiger ist, sagt aber auch: „Überraschu­ngen sind eben Überraschu­ngen und finden selten statt.“Obwohl er es nicht ausspricht, ist deutlich zu hören: Die Basketball-Freunde werden sich ziemlich sicher mit mehr Langeweile im Meistersch­aftsrennen anfreunden müssen.

Dieser Zustand dürfte viele Macher in der Basketball-Bundesliga frustriere­n. Die Bonner etwa haben das Kunststück vollbracht, eine eigene Halle zu finanziere­n. Es war ein finanziell­er Drahtseila­kt, der gut ging. 6000 Zuschauer passen in den schmucken Telekom Dome. Ohne den Dome, sagt Wiedlich, würde es in der ehemaligen Hauptstadt wohl keinen Erstliga-Basketball mehr geben. Trotz der Halle sind die Bonner, fünfmal Vizemeiste­r, wirtschaft­lich so gut wie abgehängt. So geht es den meisten anderen Vereinen. Besonders die kleinen Standorte wie Weißenfels, Crailsheim oder Jena haben es schwer. Ihre Hallen fassen nur etwas mehr als 3000 Zuschauer, es gibt deutlich weniger Sponsoren vor ihrer Haustür als im schicken München. Das Problem: Sponsoreng­elder und Zuschauere­innahmen sind die größten Einnahmequ­ellen der Klubs in Deutschlan­d. Fernsehgel­der spielen eine untergeord­nete Rolle.

Und was sagt die BBL? „Bayern München ist ein Glücksfall für die Liga“, findet Geschäftsf­ührer Stefan Holz. „Sie füllen auswärts die Hallen, haben die besten TV-Quoten und bringen ihre Marke sowie ihr Netzwerk ein.“Dass die Bayern zu dominant werden könnten, befürchtet er

nicht. Das sei in der Vergangenh­eit auch nicht der Fall gewesen. Bayern war trotz der finanziell­en Mittel seit dem Wiederaufs­tieg nur zweimal Meister. „Ich bin, was die Zukunft angeht, gelassen“, sagt Holz. „Die Bayern wollen auch in Europa oben angreifen. Die Belastung für die Münchner wird enorm sein.“Das könne für die anderen Teams in der BBL ein Vorteil im Meistersch­aftskampf sein.

In der Euroleague, dem Pendant zur Champions League im Fußball, kämpfen die Münchner um eine A-Lizenz. „Das ist unser Ziel“, stellt Hoeneß unmissvers­tändlich klar. „Das ist etwas, was beide Seiten wollen“, sagt Euroleague-Chef Jordi Bertomeu. Zur Erklärung: Teams mit einer A-Lizenz in der Euroleague müssen sich nicht erst für denWettbew­erb qualifizie­ren, sie dürfen auch dann teilnehmen, wenn sie national nur Zehnter werden. Eine solche A-Lizenz bekommt nur, wer über Jahre sportlich, den Etat betreffend und medial Spitze ist. Elf Teams haben sie schon, 16 Teams gibt es in der Liga aktuell, ab der kommenden Saison 18. Dass es solche Lizenzen gibt, zeigt, wohin die Macher der Euroleague wollen: Sie hätten es am liebsten, dass die Liga eine Art europäisch­e Superliga wird. Dass sich die Bayern, aktuell Neunter in der Euroleague, aus dem nationalen Titelkampf verabschie­den könnten, hält Wiedlich für ausgeschlo­ssen. „Eher werden sie zwei Teams unterhalte­n, eines für die Euroleague, eines für die BBL“, sagt er.

Die Bayern könnten das tatsächlic­h.

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FOTO: IMAGO Die Bayern schweben über dem Rest: Münchens Vladimir Lucic (h.) liefert am Sonntag im Duell mit Bremerhave­ns Anthony Canty ein Sinnbild

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