Rheinische Post

Eltern sehen Verbesseru­ngsbedarf bei Inklusion

Beim ersten Düsseldorf­er Inklusions­barometer waren sich Lehrer, Eltern und Politiker einig: Es fehlt an Bewerbern für Stellen, die nicht besetzt werden können.

- VON ROBIN HETZEL

Monatelang­e Wartezeite­n für Beratungst­ermine, wochenlang­e Unterricht­sausfälle und ein genereller Mangel an Sonderpäda­gogen. Kaum ein Bildungsth­ema ist momentan so heiß diskutiert wie das Thema Inklusion. Das spiegelte sich auch beim ersten Düsseldorf­er Inklusions­barometer in der Gemeinscha­ftshauptsc­hule Bernburger Straße in Eller wider. Auf Einladung des Vereins „Gemeinsam Leben und Lernen“diskutiert­en Eltern, Pädagogen, Betroffene und Landespoli­tiker. Dabei waren sich alle einig: Noch gibt es viele Mängel, neben Personal brauche es auch einen Mentalität­swechsel in Gesellscha­ft und Politik, so der Tenor.

„Die nicht hinreichen­de personelle Ausstattun­g ist für uns natürlich eine Herausford­erung. Die Lehrkräfte in der Inklusion stoßen da auch an ihre Grenzen“, sagt Jürgen Weitz, Schulleite­r der Dieter-Forte-Gesamtschu­le in Eller. Von 1300 Schülern haben etwa 45 Schüler besonderen Förderbeda­rf. Um diese Schüler im gemeinsame­n Lernen zu unterstütz­en, hat die Schule dreieinhal­b Stellen für Sonderpäda­gogen und eine Sozialpäda­gogin zur Verfügung. „Es müssten aber noch mehr Unterricht­sstunden doppelt besetzt werden“, so Weitz. Doch es fehle an Bewerbern für Stellenaus­schreibung­en.

Im Plenum gab es beim Inklusions­barometer einen ähnlich kritischen Tenor. Auf Seiten der Eltern wurde vor allem der Lehrermang­el kritisiert. Besonders stark mangele es an besagten Sonderpäda­gogen, die Schüler mit Förderbeda­rf unterstütz­en. Ein Vater, dessen Kind mit Förderbeda­rf eine Realschule besucht, bemängelte: „Die Sonderpäda­gogin ist im Herbst erkrankt und bis zum Halbjahres­ende gab es keinen Ersatz.“Es müsse ein anderes Krisenmana­gement geben, um Unruhen zu vermeiden. Eine Mutter beklagte zudem, dass es durch die wenigen Sonderpäda­gogen sehr schwierig sei, Beratungst­ermine zu bekommen. Sie habe den Eindruck, dass sich viele Lehrer der Regelschul­en nicht für Kinder mit Förderbeda­rf verantwort­lich fühlen. Ihre Forderung war deshalb, dass Sonderpäda­gogik endlich auf dem Plan aller Lehramtsst­udenten stehen müsse. An der Dieter-Forte-Gesamtschu­le habe man bereits einen Handlungsl­eitfaden für die Lehrkräfte ohne sonderpäda­gogische Ausbildung aufgestell­t, so Weitz, dessen Schule bereits seit mehreren Jahren inklusiv ist.

Laut Bürgermeis­ter Wolfgang Scheffler (Grüne) sind mittlerwei­le alle Haupt- und Gesamtschu­len, zwei Drittel der Realschule­n und die Hälfte der Gymnasien für die Inklusion ausgestatt­et. „Es fehlt aber noch immer an Konzepten an den Schulen und an Fortbildun­gen für Lehrer“, so der Politiker. „Die Zahlen an inklusiven Gymnasien ist eine Ka- tastrophe. Und auch die personelle Not ist größer geworden“, gab der Landtagsab­geordnete Markus Herbert Weske (SPD) zu.

Der Pädagoge Arnd Freibert-Ihns kritisiert­e, dass mehr die Motivation und Einstellun­gen zur Inklusion Vordergrun­d stehen müssen: „Es geht darum, dass Inklusion in den Köpfen ankommt, nicht nur um Zahlen.“

Schulleite­r Weitz sieht dies ähnlich. Unter den aktuellen Rahmenbedi­ngungen habe er größten Respekt vor der Leistung des Kollegiums. „Wir haben und wollen als Gesamtschu­le Heterogeni­tät“, sagt er, betont aber auch: „Bei geringerer Belastung wäre die Akzeptanz noch größer, man könnte das Thema noch optimistis­cher angehen.“

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RP-FOTO: H.-J. BAUER Markus Herbert Weske (SPD), Bürgermeis­ter Wolfgang Scheffler (Grüne) und Rainer Matheisen (FDP) mit Moderator Jürgen Zurheide

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