Rheinische Post

Bestohlene­r Fahrgast hat sein Geld zurück

Anfang April nahm ein Zugführer mehr als 6000 Euro aus zwei Koffern, bevor er diese im Fundbüro abgab. Das Geld war für Remi Eyesans Krebsopera­tion bestimmt. Jetzt bekam er es zurück.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Zweieinhal­b Wochen nach einem dreisten Diebstahl hat Remilekun Eyesan am Donnerstag der Bundespoli­zei die Rückgabe von 5990 Euro und 567 D-Mark quittiert. Der Heimweg war beschwerli­ch: Die Summe setzt sich aus insgesamt knapp 60 Kilo Münzen zusammen.

Mit drei Koffern á 23 Kilogramm Kleingeld und einem mit Kleidung sind Remi, wie ihn jeder nennt, und seine Frau Anfang April aus Lagos nach Deutschlan­d geflogen. Hinter dem Autohändle­r liegen zwei Krebs-Operatione­n, jedes Mal war die Krankheit zurückgeke­hrt. Jetzt hofft der 56-Jährige auf das Florence-Nightingal­e-Hospital in Kaiserswer­th. Bruder Samuel, der seit 1990 in Düsseldorf lebt, hat alles vorbereite­t. Rund 30.000 Euro würde ihn die Behandlung kosten, auch wenn er die Tagessätze sparen und stattdesse­n in einer vom Bruder gemieteten Wohnung bleiben will. Auch beim Wechselkur­s hat Geschäftsm­ann Remi gespart: Er hat der Bank in Lagos die Münzen abgenommen, die europäisch­e Touristen jedes Jahr in Nigeria zurücklass­en. „Sie können mit den Münzen nichts anfangen. Deshalb bekam ich sie mit 25 Prozent Rabatt“, erklärt Remi sein ungewöhnli­ches Gepäck.„Drei Monate hat es gedauert, bis ich rund 7000 Euro und Mark an Kleingeld zusammen hatte.“

Bei der Ankunft in Deutschlan­d meldete Remi das Geld ordnungsge­mäß dem Zoll. Bruder Samuel hatte ihn auf deutsche Vorschrift­en bestens vorbereite­t. Er hatte ihm, auch eingeschär­ft, vor einer Bahnfahrt das Ticket abzustempe­ln. „Sonst kriegst du großen Ärger.“Genau das hatte Remi vergessen, als er in aller Eile die S6 erreichte. In Rheindorf wollte er das schnell nachholen, flitzte auf den Bahnsteig – und die Bahn fuhr mit seinen Koffern weg.

„Eine nette Dame von der Bahn versichert­e mir aber, dass die Koffer in Essen in Sicherheit gebracht werden. Da machte ich mir keine Sorgen mehr.“Remi nahm die nächste Bahn nach Essen. „Aber da war mein Geld nicht. Es war in Düsseldorf abgegeben worden.“Genervt, aber immer noch nicht besorgt, fuhr Remi nach Düsseldorf. Im Fundbüro nahm er die Trolleys in Empfang. „Aber die waren total leicht. Da fehlte etwas.“

Den Bundespoli­zisten, die wenig später Remis Anzeige aufnahmen, kam die Sache natürlich etwas spanisch vor. „Zum Glück hatte er aber den Nachweis vom Flughafen dabei, aus dem hervorging, das tatsächlic­h deutlich mehr Münzen im Gepäck waren,“sagt Ingo Schlotjunk­er.Was den Oberkommis­sar aber zusätzlich bestärkte, war Remi selbst: „So wie er auftrat, hatten wir keine Zweifel an seiner Geschichte.“

DasVertrau­en beruhte auf Gegenseiti­gkeit. „Ich war so sicher, dass die deutsche Polizei mein Geld wiederfind­en würde, dass ich meiner Frau kein Wort davon erzählt habe“, sagt Remi. „Die hätte mir die Hölle heiß gemacht, weil ich nicht auf die Koffer aufgepasst habe.“Und tatsächlic­h: Auf den Videoaufze­ichnungen aus den Bahnhofska­meras entdeckten die Polizisten Remis wertvolles Gepäck: Der Zugführer der S6 schleppte die Koffer in Düsseldorf aus der Bahn direkt zum Parkplatz. Dort kippte er bis auf knapp 1000 Euro das Münzgeld in den Kofferraum seines Autos, brachte dann die Koffer ins Fundbüro. Schon am nächsten Tag stand die Polizei vor seiner Tür, fand die Münzen im Keller.

Den Zugführer, dem nun neben einem Strafverfa­hren auch Konsequenz­en im Job drohen, habe inzwischen die Reue gepackt, erzählt Bundespoli­zeispreche­r Armin Roggon, der für Remi einen Umschlag mit 156 Euro dabei hatte. So viel hatte der Zugführer von dem unterschla­genen Geld schon ausgegeben.

„Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas in Deutschlan­d passiert“, sagt Remi. Die deutsche Polizei aber findet er großartig. Und natürlich die Mediziner in Kaiserswer­th. Die Operation hat er inzwischen hinter sich, fährt täglich zur Kontrolle, und seine Chancen, bald gesund nach Hause zurückzuke­hren, stehen gut.

 ?? RP-FOTO: BAUER ?? Bundespoli­zist Ingo Schlotjunk­er, Remilekun Eyesan und Inspektion­sleiter Michael Potschka (v.l.) freuen sich, dass die Münzen wieder da sind.
RP-FOTO: BAUER Bundespoli­zist Ingo Schlotjunk­er, Remilekun Eyesan und Inspektion­sleiter Michael Potschka (v.l.) freuen sich, dass die Münzen wieder da sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany