Rheinische Post

Von Petrus und Maria bis Judas und Pilatus

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Bischof Kohlgraf zu wichtigen Personen der Ostergesch­ichte:

Zu Petrus?

„Ein schwacher Mensch.“

Zu Judas?

„Ein enttäuscht­er Mensch.“

Zu Maria von Magdala? „Eine liebende Frau.“

Zu Pilatus?

„Ein Machtmensc­h.“

Und zu Dismas, den Verbrecher am Kreuz?

„Der reuige Sünder – und ich hoffe, dass ich auch so sterben könnte.“

ob Jesus Kirche überhaupt gegründet hat in dem Sinne, wie wir sie jetzt kennen. Dieses Faktum hat sich nach Ostern entwickelt. Dass es so etwas gibt wie eine Gemeinscha­ft der Glaubenden, ist auch geistgewir­kte Tradition.Welche der Formen von Kirchen aber unveränder­bar sind, darüber wird ja kontrovers diskutiert.

Über welche Formen konkret?

KOHLGRAF Beispielsw­eise die nach den Fragen des Amtes, nach der Berufung von Frauen und Männern. Es gibt unterschie­dliche Positionen dazu, was zur konkreten Gestalt der Kirche eigentlich gehört; also was veränderba­r ist und was nicht.

Wenn man über Ostern redet, muss man auch über die Bedeutung von Maria von Magdala reden und ihrer Bedeutung für die Kirche. Schließlic­h gilt sie als die soenannte Apostolin der Apostel. Dennoch gibt es immer noch kein Weiheamt für Frauen ...

KOHLGRAF Dass sie die erste Zeugin der Auferstehu­ng war, ist für mich erst einmal ein ganz starker Beleg für die Wirklichke­it der Auferstehu­ng. Sie zeigt mir aber auch, dass die Glaubenswe­itergabe und das Zeugnis nicht nur auf die reine apostolisc­he Tradition des Amtes reduziert werden kann.

Ist die erste Zeugin und Apostolin in diesem Sinne nicht auch ein starker Impuls, über das Weiheamt für Frauen in der katholisch­en Kirche nachzudenk­en? KOHLGRAF Wenn wir über ein Weiheamt für Frauen reden, kommen wir an der Apostolin der Apostel sicher nicht vorbei. Auch in den Evangelien wird davon berichtet, dass Frauen Jesus nachfolgen; also nicht nur die zwölf Jünger. Ihre Rolle ist eine sehr starke. Warum die Kirche deshalb in ihren Anfängen nie die Konsequenz gezogen hat, daraus ein Amt der Frau abzuleiten, ist aus heutiger Sicht schwer verständli­ch und mündet schließlic­h in die Frage, ob dies nun historisch zufällig oder geistgewir­kt ist. Zumindest in der frühen Kirche hat es so etwas wie ein Diakoninne­namt gegeben.

Sie haben mal in einer Predigt gesagt, dass Gott kein lieber Gott sein muss, jedenfalls nicht im herkömmlic­hen Sinne. Wo war Gott Ostern?

KOHLGRAF An Ostern ist Gott massiv erfahrbar: Gott war am Kreuz. Dass Gott diesen Tod mitgeht und sagt, ich erleide das mit euch, ist eine Tat, die unsere Vorstellun­gskraft übersteigt. Auch für Jesus war Gott nicht der liebe Gott, sondern einer, nach dem man ruft und schreit.Wenn ich die Not der Menschen etwa in Syrien sehe, dann ist ihre Situation auch die Situation des Karfreitag­s. Dann kann ich nicht einfach von einem lieben Gott sprechen, wohl aber von einem liebenden Gott, der dabei ist.

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