Eine außergewöhnliche Idee
„Das Wunder von Wörgl“schildert, wie ein Mann seine Heimat aus der Krise führte.
(ry) Das Leben schreibt wohl immer noch die besten Geschichten und dürfte damit die wohl größte Inspirationsquelle für Filme aller Art sein – besonders wenn von den Protagonisten trotz aller Widrigkeiten etwas Großartiges geleistet wird und der kleine Mann zum Helden wird. Eine solche Geschichte steckt auch hinter dem Film„DasWunder vonWörgl“, der von Regisseur Urs Egger und Drehbuchautor Thomas Reider umgesetzt wurde. Sie erzählen da– rin von dem Lokführer Michael Unterguggenberger (Karl Markovics), der in der 1930er-Jahren nach der Weltwirtschaftkrise sein Heimatdorf vor der drohenden Pleite rettete.
Der kränkliche Unterguggenberger wird im Jahr 1932 per Los zum Bürgermeister der Tiroler Gemeinde Wörgl bestimmt – auch weil sonst niemand das Amt übernehmen will. Wie so viele Gemeinden in diesen schwierigen Zeiten steht auch Wörgl kurz vor dem Bankrott. Die Politik weiß längst keinen Ausweg mehr aus der Krise: Sparen lautet das Rezept, das die Probleme aber eher immer weiter vertieft, als sie zu lösen. Arbeitslosigkeit greift um sich und mit der daraus resultierenden Unzufriedenheit auch der Faschismus. Mit Unterstützung seiner Frau Rosa (Verena Altenberger) beschließt Unterguggenberger, die ihm zugedachte Rolle als Lückenbüßer abzulegen und etwas ganz Neues zu versuchen: Mit dem sogenannten Schwundgeld startet er ein gewagtes Experiment, in dem Arbeit zum tauschbaren Gut wird und so Kleidung, Lebensmittel sowie sämtliche benötigen Güter des alltäglichen Bedarfs einbringt. Und an Arbeitskraft mangelt es den Menschen aus Wörgl nicht. Auf diese Weise führt er die Ortschaft wie durch ein Wunder zu Vollbeschäftigung und Wohlstand. Dabei gelingt es ihm zusätzlich, die zerstrittenen politischen Lager an einen Tisch zu bekommen, um die Herausforderungen ihrer Zeit zu bewältigen. Doch für manche wird er genau damit zur großen Bedrohung. Allen voran Österreichs Nationalbank sowie die Bundesregierung finden keinen Gefallen an Unterguggenbergers Methoden.
Urs Eggers Porträt eines einfallsreichen Alltagshelden ist zwar ein Fernsehfilm, der erstmals im ORF ausgestrahlt wurde, seine Premiere feierte er allerdings in einem Kino in Wörgl – vor einem Publikum, dessen Vorfahren direkt von dem Thema des Werkes betroffen war. Vor diesem Hintergrund wiegt die Herausforderung, einen biografischen Historienfilm akkurat zu inszenieren, ohne die Vergangenheit dabei zu beschönigen, schwer. Regisseur Egger kommentierte zu dieser Aufgabe: „Dieser Film soll also nah an den Figuren erzählt werden, soll atmen, die Konflikte haptisch erzählen, fast dokumentarisch, sowohl den Konflikt Unterguggenbergers mit den politischen Kräften in Wörgl und Wien, wie auch den Konflikt innerhalb der Familie, der auf das Persönliche der Figur zielt, auf den Menschen Unterguggenberger.“
Produzent Arno Ortmair sah in dem Stoff – neben der motivierenden Geschichte – noch weiteres Potenzial: „Spekulationsblasen, Bankenkrise, Wirtschaftskrise, Verantwortung der Banken und des Staates. Ein Thema von aktueller Brisanz, das im Zeichen des ‚Wirtschaftswunders‘ lange vergessen war und unwiederholbar erschien. Ein Thema, das uns 2008 mit unerwarteter Wucht wieder einholte und heute jeden betrifft. Die Geschichte und das Drehbuch von Thomas Reider ‚Das Wunder von Wörgl‘ hat uns deshalb sofort gepackt. Es erinnert uns, wie hilflos auch damals Regierungen und Banken in der Weltwirtschaftskrise agierten.“
Im Anschluss an den Spielfilm zeigt der Bayerische Rundfunk um 23.20 Uhr zudem die begleitende Dokumentation „Der Geldmacher“, in dem Filmemacherin Susanne Poelchau noch einmal einen genaueren Blick auf die Person Michael Unterguggenberger wirft und seine Idee um das Schwundgeld beleuchtet.
Das Wunder von Wörgl, 22.00 Uhr, BAYERN