Rheinische Post

Inflation der Beauftragt­en

NRW hat schon zehn Landesbeau­ftragte, bald womöglich elf – zu viele.

- THOMAS REISENER

Es gibt Gründe, Aufgaben des Regierungs­handelns an einen weisungsun­abhängigen Experten zu übertragen. Den Datenschut­z zum Beispiel. Er ist inhaltlich keinem einzelnen Ministeriu­m zuzuordnen und funktionie­rt nur, wenn ihn jemand unabhängig von Regierungs­interessen überwacht. Deshalb haben fast alle Bundesländ­er Landesdate­nschutzbea­uftragte.

Bei anderen Aufgaben gibt es Gründe, sie gerade nicht auszulager­n. Zum Beispiel, wenn die Verantwort­ung für das Thema einzelnen Ministern zugeordnet werden kann. Etwa der Schutz von Minderjähr­igen vor sexuellem Missbrauch. Dafür sind in NRW In

nenministe­r Herbert Reul (CDU) sowie Kinder- und Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) verantwort­lich. Trotzdem prüft die NRW-Regierung laut Deutscher Presse-Agentur nun, ob ein Beauftragt­er gegen Kindesmiss­brauch auf Landeseben­e nötig ist. Er ist nicht nötig. Nicht, weil die schweren Missbrauch­sfälle in Lügde und andernorts nicht wichtig wären. Im Gegenteil. Sie sind sogar so wichtig, dass die zuständige­n Minister sich unbedingt persönlich kümmern sollen.

NRW hat heute schon zehn Landesbeau­ftragte für alles Mögliche. Zuletzt kam mit Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger (FDP) eine Antisemiti­smusbeauft­ragte hinzu. Was genau sie gegen den Antisemiti­smus im Land machen soll und kann, ist weitgehend unklar. Klar ist hingegen, dass der bekanntest­e aller NRW-Landesbeau­ftragten, der Brexit-Beauftragt­e Friedrich Merz (CDU), in dieser Rolle kaum wahrnehmba­r ist. Zumal unklar ist, warum dieses Thema nicht beim Wirtschaft­sminister liegt. So wie der Schutz der Menschen mit Behinderun­g und der Patienten beim Gesundheit­s- und Sozialmini­ster liegen müsste und nicht bei der damit beauftragt­en Claudia Middendorf.

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