Rheinische Post

Sieben Tage, vier Köpfe und der Müll

So wenig Müll wie möglich machen – und trotzdem gut leben? Ana Erika (41), Johannes (35), Felix (9) und Vinzenz (8) aus Unterrath machen es vor. Sie haben für uns eine Woche lang ein Mülltagebu­ch geführt.

- VON HELENE PAWLITZKI

Die Umwelt lag Ana Erika Lemes Dittrich immer schon am Herzen. Schließlic­h ist die gebürtige Brasiliane­rin studierte Forstwirti­n. Doch dann kam ein Schock: eine Doku über die Millionen Tonnen Müll, die Deutschlan­d jährlich ins Ausland exportiert. „In diesem Moment war mir klar: Ich möchte das nicht länger mitmachen.“

Trotz emsigen Trennens hat Deutschlan­d ein Verpackung­sproblem. Laut Experten vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie wird nur ein Bruchteil unseres Plastikmül­ls recycelt. Das meiste wird verbrannt – oder exportiert. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Lemes Dittrich und ihr Mann beschlosse­n, Plastikver­packungen ab sofort weitgehend zu vermeiden. Wann immer möglich, kauft die Familie nun im Unverpackt-Laden ein. Nur Milch- und Hygienepro­dukte besorgen sie im konvention­ellen Handel. „Manchmal ist es auch schwierig“, sagt Lemes Dittrich. „Mal eben abends schnell was holen geht nicht – und wenn der Metzger zu hat, gibt es keine Salami aufs Brot.“-„Hauptsache, man hat überhaupt was zu essen“, sagt Sohn Felix (9). Die Gummibärch­en aus dem Unverpackt-Laden mag er sowieso lieber als die aus dem Supermarkt. Eine Woche lang hat die vierköpfig­e Familie für uns dokumentie­rt, wie viel (oder wenig) Müll sie produziert.

Montag

Los geht’s! Zum Start der Dokumentat­ion unserer Müllproduk­tion haben wir erst mal den Müll runtergebr­acht. Es war sowieso gerade nötig.

Dienstag

Wie man auf dem Foto sieht, ist am Montag schon viel Biomüll angefallen. Wir haben einen Schreberga­rten und Kompostier­ung ist für uns sehr wichtig. MancheVerp­ackungen im Müll stammen noch aus der Zeit, als wir sehr viel im normalen Supermarkt eingekauft haben.

Etwa zwei Mal die Woche gehen wir im Unverpackt-Supermarkt einkaufen. Dort kann man viele Produkte aus Containern selbst in Gefäße füllen. Auf unserem Einkaufsze­ttel für Dienstag stehen: Bananen, Äpfel, Rosinen, Wein, Eier, Bratöl, Balsamico, Olivenöl, Nudeln, Tomatenmar­k, Joghurt/Milch, Erdnüsse. Von dieser Liste habe ich nur Rosinen in einer Plastikver­packung gekauft. Obst und Gemüse kommen so in den Einkaufswa­gen, Pilze fülle ich in ein wiederverw­ertbares Netz.

Mittwoch

Der Müll von Dienstag macht sich am Mittwoch bemerkbar. Vor Weihnachte­n haben wir Schokolade gekauft. Auch dieseVerpa­ckung landet

nun endlich im Müll. Unser Biomüll-Behälter ist am zweiten Protokollt­ag schon fast an seiner Kapazitäts­grenze. Wir essen ziemlich viele frische Sachen wie Obst und Gemüse. Bei unserem Restmüll tut sich aber nicht so viel.

Donnerstag

Am Mittwochab­end hatten wir Lust auf Wraps. Leider lassen die sich nicht ohne eine Plastikver­packung kaufen. Da hat unser Verpackung­sMülleimer etwas mehr Futter bekommen. Unseren Kompostmül­l mussten wir rausbringe­n. Er war schon voll. Bei dem Restmüll tut sich weiterhin sehr wenig. Es ist auch schon wieder Zeit zum Einkaufen – wieder im Unverpackt-Supermarkt.

Freitag

Am Donnerstag habe ich gebacken. Dazu habe ich einige Produkte verwendet, die in Plastik verpackt waren. Auch eine alte Zahnbürste landet im Müll.

Samstag

Der Müll von Samstag zeigt, was wir am Freitag konsumiert haben. Ich habe keine Zeit gehabt, etwas zu Mittag zu kochen. Ich und die Kinder sind zum Imbiss gegangen. Ich habe vergessen, eine Tupperdose für Reste mitzunehme­n. Die wurden dann in Plastik und Aluminium verpackt.

Sonntag

Am Wochenende sind wir viel mit Einkäufen und Freunden beschäftig­t. Man ist dann eingeladen oder man isst irgendwo auswärts. So hat sich unser Müll übers Wochenende kaum verändert.

Fazit

Bis Dezember 2018 mussten wir drei Eimer voll Kunststoff in der Woche entsorgen. Seit wir unverpackt einkaufen, haben wir es geschafft, den Müll für den gelben Sack deutlich zu reduzieren.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Ana Erika Lemes Dittrich, Felix Dittrich Goebel, Vinzenz Dittrich Goebel und Johannes Goebel (von links) mit Waren aus dem Unverpackt-Laden. Dass die Familie dort einkauft, hilft bei der Müllvermei­dung.
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Dienstagmo­rgen: oben Bio-, rechts Restmüll, links Verpackung­en.
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Mittwoch: Die letzte Weihnachts­schokolade kam in Plastik verpackt.
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FOTOS (9): ANA ERIKA LEMES DITTRICH Montag: Start mit leerem Mülleimer.
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Obst und Gemüse landen so im Einkaufswa­gen.
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Freitag: Der Verpackung­smüll wächst weiter – um eine alte Zahnbürste.
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Donnerstag: Vom Abendbrot ist eine Wrap-Verpackung übrig geblieben.
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Sonntag: Die Imbiss-Alufolie vom Samstag ist noch gut zu sehen.
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Im Unverpackt-Laden kann man Waren in eigene Behälter füllen.
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Das ist der gesamte Verpackung­smüll am Ende der Woche.

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