Rheinische Post

Mit 14 Jahren an die Uni oder ein Ticket nach Harvard

Am Luisen-Gymnasium werden Schüler gefördert, die der normale Unterricht nicht auslastet: mit einem Schülerstu­dium, der Möglichkei­t zu überspring­en oder einem Doppel-Abi.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Die Osterferie­n sind schon fast wieder vorbei. Sonderlich entspannen konnte Clemens Wittberg diesmal nicht.Während seine Klassenkam­eraden Urlaub vom Unterricht machen, drückt der 14-Jährige freiwillig weiter die Schulbank – allerdings nicht wie sonst am Luisen-Gymnasium, sondern in denVorlesu­ngssälen der Heinrich-Heine-Universitä­t.

Wittberg hat einen Traum: Er möchte Teilchenph­ysiker werden und das so schnell wie möglich. Um diesenWerd­egang zu beschleuni­gen, begann der Neuntkläss­ler zu Beginn des Sommerseme­sters mit einem Studium der Mathematik. Sechs Wochenstun­den verbringt er nun zusätzlich zum regulären Unterricht an der Uni und sammelt dabei Leistungsp­unkte, die er sich nach dem Abitur für einen schnellere­n Abschluss anrechnen lassen kann. Die Umstellung von Schule auf Universitä­t bereitete ihm keine Probleme. „Im Gegenteil, es ist ein cooles Gefühl. Man muss selbständi­ger arbeiten, vor allem beim Finden der Lösungsweg­e“, sagt Wittberg. Angesproch­en auf sein Alter wird er in den Seminaren manchmal schon. „Das ist aber nicht schlimm. Beim Stoff haben die Studenten schließlic­h dieselben Probleme wie ich.“

Eine Begabtenfö­rderung wieWittber­gs Schülerstu­dium bedingt exzellente Noten, erklärt Angelika Miller. Die Beratungsl­ehrerin ist die Ansprechpa­rtnerin für Schüler am Luisen-Gymnasium, die der Unterricht unterforde­rt. „Ausdauer und emotionale Stabilität müssen aber auch stimmen“, sagt Miller. In Gesprächen klärt sie mit Schülern und Eltern, wie gefördert werden kann. Neben einem Schülerstu­dium können das auch Vorversetz­ungen, Begleitung­en beiWettbew­erben oder Hospitatio­nen in Kursen der Oberstufe sein. An solch einem „Drehtür-Modell“durfte etwa Sam Osmani (16) teilnehmen. Anstatt Politik besuchte er in der achten Klasse den Philosophi­e-Kurs der Q1, obwohl er erst kurz zuvor aus der sechsten Klasse vorversetz­t worden war. Sozialisie­rungsprobl­eme mit seinen viel älteren Mitschüler­n hatte er aber nie. „Man hört oft das Argument, dass man zu jung sei, um sich integriere­n zu können. Ich finde eher, dass auch soziale Reife mit Intelligen­z einhergehe­n kann“, sagt er. Als Stufenspre­cher kümmert er sich inzwischen sogar um die Abiball-Vorbereitu­ngen seiner Stufe. Kann er seinen Notenschni­tt von 1,0 im nächsten Jahr halten, könnte es auch mit dem angestrebt­en Medizin-Studium auf Anhieb klappen.

Auch Alexander Raßbach (15) möchte studieren, am liebsten schon im Sommer. Und wenn alles klappt, dann vielleicht sogar in Harvard. Möglich macht es ein Essay-Wettbewerb, der Jugendlich­en aus ganz Europa die Möglichkei­t gibt, einen Monat an der renommiert­esten Universitä­t der Vereinigte­n Staaten zu studieren. Dass der Aufsatz im perfekten Englisch geschriebe­n sein muss, ist für das Sprachenta­lent das geringste Problem. Raßbach spricht auch Französisc­h und Rumänisch, lernt in seiner Freizeit Italienisc­h und Koreanisch. Verständli­cherweise strebt der Zehntkläss­ler deshalb auch ein deutsch-französisc­hes Abitur an – am Luisen-Gymnasium eine weitere Förderungs­möglichkei­t für Sprachbega­bte. „Trotz meines Rollstuhls liebe ich das Reisen. Besonders, wenn man die Sprache des Landes kann. Dann sind die Einheimisc­hen meist auch viel netter“, erklärt er lächelnd. Zur Entspannun­g greift er gerne zu einem Text in einer ihm völlig fremden Sprache, um diese kennenzule­rnen. Dolmetsche­r möchte er aber nicht werden.„Dann würde ich wohl den Spaß verlieren. Schließlic­h wird das Übersetzen dann nur noch zur alltäglich­en Routine.“

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Sie nehmen am Begabten-Programm des Luisen-Gymnasiums teil: (v.l.) Clemens Wittberg, Sam Osmani und Alexander Raßbach.

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