Rheinische Post

Warum die Zeit mal schnell und mal langsam vergeht

Lehrerkolu­mne Lutz Tomala erklärt, warum Konzentrat­ion Lernen spannender macht.

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„Wenn ich zu Hause bin und nichts mache, vergeht die Zeit sehr langsam.” Lana (11) denkt nach. „Wenn ich dagegen etwas tue, vergeht sie schneller.“Der Praktische Philosophi­e-Kurs der fünften Klasse lauscht konzentrie­rt. Wir vergleiche­n gerade Platons physikalis­chen Zeitbegrif­f mit dem psychologi­schen von Augustinus. Muhammad (10) ist sicher: „Die Zeit verläuft immer gleich schnell, nur wir fühlen sie immer anders.“Durch praktische Erfahrung und Beispiele aus dem Alltag erarbeiten sich die Schüler des Wim-Wenders-Gymnasiums selbsttäti­g einen differenzi­erten Standpunkt zum Thema Zeit. Ziel dieser Stunde wird es sein, den Unterschie­d von bewusst erlebter und unbewusst verrinnend­er Zeit in einem Merksatz zu formuliere­n und mit Beispielen zu erläutern.

Anton (10) veranschau­licht das Problem anhand seines täglichen Kampfes mit den Übungsaufg­aben. „Das ist oft so viel, dass ich glaube, dass ich das nie schaffe“, stöhnt er. „Wenn ich aber anfange, konzentrie­re ich mich so darauf, dass ich auf einmal fertig bin und gar nicht gemerkt habe, dass die Zeit vergangen ist.“Im weiteren Verlauf der Stunde wird schnell deutlich, dass die Zeit schneller vergeht, wenn man sich auf eine Tätigkeit (Schulaufga­ben oder Spiele) konzentrie­rt. Wenn man dagegen die Zeit bewusst erlebt, etwa, weil man auf etwas wartet oder sich auf etwas freut, vergeht die Zeit subjektiv langsamer. Der praktische Nutzen dieses Wissens: Die Schüler sind sich einig, dass man sich ganz in die Tätigkeit vertiefen sollte. „Die Aufgaben machen meistens sogar Spaß, wenn man sich darauf konzentrie­rt“, findet Muhammad.

„In der Schule fällt mir das manchmal gar nicht so leicht“, gibt Lana zu. Sie arbeitet gerne zu Hause an ihren Aufgaben. In gebundenen Ganztagssc­hulen gibt es eigentlich keine Hausaufgab­en. Aufgaben werden in Lernzeiten in der Schule erledigt. In den Ferien sind Aufgaben ebenfalls tabu, sie dienen der Erholung. In den Ferien machen die Kinder Dinge, die ihnen Spaß machen, in die sie sich voll und ganz vertiefen und die Zeit um sich herum vergessen. Bewusst gemacht, bietet das Konzept der Konzentrat­ion also einen Lösungsans­atz für das Hausaufgab­en-Problem. Überträgt man die Konzentrat­ion auf Schulaufga­ben, fallen diese viel leichter und machen sogar Spaß.

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RP-FOTO: A.BR Lutz Tomala unterricht­et am Wim-Wenders-Gymnasium.

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