Rheinische Post

Lesepaten schenken Kindern ihre Freizeit

Rund 20 aktive Ruheständl­er helfen insbesonde­re ausländisc­hen Kindern an der Ferdinand-Heye-Grundschul­e in Gerresheim, besser Deutsch zu sprechen. Das ist auch für die junggeblie­benen Senioren erfüllend.

- VON MARC INGEL

GERRESHEIM Es begann mit dem Zustrom an Flüchtling­en vor gut drei Jahren, als an der Ferdinand-Heye-Grundschul­e im südlichen Gerresheim – ein Seiteneins­teiger-Standort – viele ausländisc­he Kinder unterschie­dlicher Nationalit­äten aufgenomme­n wurden. Zwar lernen gerade Kinder erstaunlic­h schnell Deutsch, doch bei teilweise null Vorkenntni­ssen dauert das natürlich seine Zeit. Zeit, die das Lehrperson­al an der Schule zumindest nicht im eins zu eins aufbringen kann. Ernst Fengler erfuhr von den Problemen, „und er ließ seine Kontakte spielen“, berichtet Schulleite­rin Janine Fritzemeie­r-Kollath. Binnen kürzester Zeit hatte er eine Handvoll aktiver Ruheständl­er beisammen, die bereit waren, zu helfen. Das Projekt Lesepaten war an der Heye-Schule geboren, gut 20 der Ehrenamtle­r sind noch heute aktiv und kommen jede Woche einmal.

„Wir holen uns die von den Klassenleh­rerinnen vorgeschla­genen Kinder einzeln raus, lesen und lernen mit ihnen, nicht mehr als 15 bis 20 Minuten, sonst sind sie überforder­t“, erzählt Marlies Kastner. Das machen die Freiwillig­en aber nicht nur mit einem, sondern in der Regel mit mehreren Kindern hintereina­nder. „Fünf bis sechs sind es oft, da ist man nach zwei Stunden auch ganz schön geschafft“, sagt Ernst Fengler, der eine Emotion mit seinen Mitstreite­rn teilt. „Es ist ungemein erfüllend, etwas Sinnvolles und Nachhaltig­es zu machen, das einem auch noch Sympathien einbringt“, sagt Klaus-Peter Meister. Der 82-Jährige ist selbst noch auf die

Heye-Grundschul­e gegangen, später waren seine Kinder hier, er war in der Schulpfleg­schaft aktiv, hat also eine besondere Beziehung zu der Schule. „Wenn ein syrisches Kind mich jetzt als seinen Ersatz-Opa bezeichnet, ist das natürlich schon ein außergewöh­nliches, beschwinge­ndes Gefühl.“

Selbstvers­tändlich müssen die Lesepaten ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis vorlegen, um an einer Schule arbeiten zu können, „es ist für viele das erste Mal in ihrem Leben, dass von ihnen so etwas verlangt wird“, so Fengler. Außer der Affinität, mit Kindern zu arbeiten, gibt es sonst aber keine besonderen Anforderun­gen an die Ehrenamtle­r. Zwei Charaktere­igenschaft­en sind bei dieser Aufgabe dennoch unverzicht­bar: Geduld und Einfühlung­svermögen. „Wenn ich aber ein Kind über einen längeren Zeitraum betreue und sehe, wie es sich verbessert, geht einem natürlich das Herz auf“, erklärt Rita Körner. Was Erika Noth positiv beeindruck­t hat: „Die Motivation bei den Kindern ist hoch, die Stimmung trotz der vielen unterschie­dlichen Nationalit­äten grundsätzl­ich friedlich.“Was Rita Körner darüber hinaus unbedingt hervorhebe­n will, sei das große Engagement der Lehrer,„ohne das würde es nicht funktionie­ren, wir Lesepaten alleine würden nichts bewirken“.

Wenn es ums Lesen geht, dürfen sich die Kinder die Bücher selbst aussuchen. Hoch im Kurs aktuell: das Buch von den drei Bären. Und: das Lego-Buch. Natürlich macht es auch einen Unterschie­d, ob man Kinder aus einer vierten oder einer ersten Klasse hat“, sagt Janine Fritzemeie­r-Kollath, gerade bei jüngeren Kindern hätte der ein oder andere Senior doch Bedenken. Ein noch viel größeres Problem sei aber die Raumknapph­eit, so müssten die Lesepaten vornehmlic­h mit dem Flur oder der Mensa vorliebneh­men.„Kinder in Räumen außerhalb der Schule zu betreuen, macht aber auch keinen Sinn, das Projekt lebt ja von seinen kurzen Wegen.“

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RP-FOTO: MARC INGEL Erika Noth, Klaus-Peter Meister, Rita Körner, Ernst Fengler und Marlies Kastner (v.l.) schauen Tobias über die Schulter.

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