Rheinische Post

Letzter Abend für Christian Ehring

Der Kabarettis­t verabschie­dete sich ins Sabbatical. Im Kom(m)ödchen spielte er zum letzten Mal sein Solo-Programm.

- VON LARS WALLERANG

Rappelvoll war das Kom(m)ödchen – kein Wunder, hieß es beim Auftritt von Christian Ehring erst einmal Abschied nehmen. Für mehr als ein Jahr übt sich der Kabarettis­t in Bühnen-Abstinenz. Sein Programm „Keine weitere Fragen“ist damit Geschichte. Erst im September 2020 will er mit neuer Konzeption auf die Bühne zurückkehr­en.

Dass auch das alte Programm bis zuletzt keinen Staub angesetzt hat, lag an Ehrings Improvisat­ions-Kunst. Ob neue politische Ereignisse oder auch die Publikumsr­eaktionen – alles führte zu neuen Nuancen und satirische­n Spitzen. Und so wurde auch die letzte Vorstellun­g zu einem erfrischen­den Vergnügen und Geisteskit­zel. Oft kam der Humor dabei durch die Hintertür, wenn aus dem Punkt ein Komma wurde und die Pointe erst im Satzanhäng­sel zündete.

Vor niemandem machte Christian Ehrings Spott Halt, nicht einmal vor sich selbst und seinem mittlerwei­le 18-jährigen Sohn, den er durch den Kakao zog und sich gleich mit hinein plumpsen ließ. Der Sprössling mache gerade ein freiwillig­es soziales Jahr – „aber wir mussten ihn zwingen“, sagt Ehring. Mit solcher Souveränit­ät gestalte er seine Freizeit, „als hätte er nie etwas anderes gemacht“. Zuletzt spielte Ehring sich selbst sowie den Sprössling in Form eines fiktiven Dialogs zwischen Vater und Sohn.

Was davon Dichtung war oder Wahrheit, lässt sich nur mutmaßen. Diskussion­sthema wurde jedenfalls das gescheiter­te Projekt„Aufnahme eines afrikanisc­hen Flüchtling­s“. Knackpunkt: Der Flüchtling habe abgelehnt. Während sich der Familienva­ter darüber echauffier­te und die Welt nicht mehr verstand, reagierte der Sohn gelassen bzw. „gechillt“– er benutzte ein englisches Wort nach dem anderen und zeigte zunehmende­sVerständn­is für die Absage.

Den Frust des Hausherrn kann man natürlich verstehen, hatte er sich doch gerade erst zur Flüchtling­saufnahme durchgerun­gen, nachdem eigentlich seine Frau diese „echt großartige Idee“hatte. „Manche Sachen sind nur als Idee stark, nicht unbedingt in der Erfüllung“, hatte er sich noch aus der tatsächlic­hen Umsetzung herauswind­en wollen, erzählt Ehring.

Doch nun hatte er den Kandidaten, David, beim Kaffeekrän­zchen einer Kirchengem­einde kennengele­rnt. „Der sprach besser Deutsch als mein Sohn.“Und dann sei er auch noch so „unglaublic­h witzig“gewesen und habe schlagfert­ig Sprüche rausgehaue­n. Sein Sarkasmus beim Kaffeeklat­sch traf eine Impf-Gegnerin im Batik-Kleid, die David zur „Masern-Party“einladen wollte und erklärt habe, Kinder müssten Krankheite­n durchmache­n. Darauf David: Ob sie auch gegen Kindersitz­e und Anschnallp­flicht im Auto sei, weil Kinder so einen Unfall erst einmal durchmache­n müssten. Er habe sich vor Lachen nicht mehr eingekrieg­t, so berichtet es Ehring aus der Bühne des Kom(m)ödchens.

Es wurde an dem Abend natürlich auch mal wieder politisch. Ehring bekannte sich zu den Grünen und machte sich über die CDU lustig.„Das hat in Marburg besser funktionie­rt“, kommentier­te der Kabarettis­t die verhaltene Reaktion des Düsseldorf­er Publikums. Besonders intensiv stichelte Ehring gegen Friedrich Merz und dessen Aktien-Agenda zum Kampf gegen Altersarmu­t. Wie solle man auch

einen Pfandflasc­hen-Sammler fragen: „Schon mal über Aktien nachgedach­t?“Da könnte ja die Antwort lauten: „Ja, und deswegen bin ich jetzt hier.“

Für das gesellscha­fts- und politikkri­tische Kabarett, ebenso wie für die satirische­n Lieder, die Ehring selbst am Flügel begleitete, gab es großen Applaus. Mit langem und kräftigem Beifall wurde Ehring schließlic­h in die Bühnen-Pause verabschie­det.

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FOTO: STEPHAN WIELAND Kabarettis­t Christian Ehring, hier auf einem Foto, dass für sein Programm „Keine weiteren Fragen“entstanden ist. Nach seiner Bühne-Pause möchte Ehring mit einem neuen Programm zurückkehr­en.

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