Polizei-Taser sollen Angreifer stoppen
Die Gewerkschaft der Polizei sieht sich durch die jüngsten Vorfälle bestätigt: Die Distanz-Elektroimpulsgeräte müssen zur Ausrüstung gehören. Und sie fordert eine konsequentere Justiz.
Die Gewerkschaft der Polizei sieht sich durch die jüngsten Vorfälle bestätigt: Elektroimpulsgeräte müssen zur Ausrüstung gehören.
An der Königsallee schlug ein geistig verwirrter Mann einen Motorradpolizisten, in Köln ist am selben Tag ein Polizist von Jugendlichen gewürgt und gegen den Kopf getreten worden. Die Liste solcher Vorfälle wird immer länger. Manfred Böhm, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Düsseldorf, sagt sogar:„Widerstand und gewalttätige Angriffe sind Alltagsroutine geworden.“
Deshalb hat Böhm kein Verständnis für die Absage des Innenministers an die Distanz-Elektroimpulsgeräte, kurz Deig, und umgangssprachlich nach ihrem bekanntesten Hersteller „Taser“genannt. Wegen knapp werdender Haushaltsmittel hatte Herbert Reul die Anschaffung der Waffen, die in Hessen gerade zur Standardausrüstung hinzugefügt wurden, von der Prioritätenliste gestrichen. Ein Fehler, sagt Böhm. „Der Taser kann einen Angreifer frühzeitig stoppen. Das verhindert Verletzungen des Beamten. Und, nebenbei bemerkt, auch des Angreifers, der sonst gegen seinen Widerstand mit Gewalt zu Boden gebracht werden muss.“
Polizisten sähen sich immer öfter einer negativen Haltung zum Staat gegenüber. „Ein nichtiger Anlass, nach dem man vor ein paar Jahren noch mit einem freundlichen Gruß auseinandergegangen wäre, führt ganz plötzlich zu massiver Gewalt, und beispielsweise in der Altstadt kommt es jedeWoche zu Tumulten, wenn sich Unbeteiligte in polizeiliche Maßnahmen einmischen.“Ein ernstzunehmendes Problem, sagt Böhm, der früher selbst jahrelang einer Spezialeinheit angehörte, die nicht gerade für Zimperlichkeit bekannt ist. „Wir müssen da ganz neu denken.“
Das Gegenüber der Polizei, das sind nicht nur Jugendliche aus Kulturkreisen, in denen Polizei nur ernstgenommen wird, wenn sie schlägt und foltert. Das sind auch bildungsferne, perspektivlose und frustrierte Kinder von Eltern, die selbst schon keine Erziehung genossen haben. Und schließlich die gutsituierten Töchter und Söhne diskussionsfreudiger Akademiker, die sich jedem überlegen fühlen, der ihnen Regeln aufzeigt. „Ein großes Problem, das man auch anpacken muss. Das man besser gestern oder vorgestern schon angepackt hätte“, sagt Manfred Böhm. Nur Aufgabe der Polizei sei das eben nicht. „Wir sind keine Sozialarbeiter, wir müssen Regeln durchsetzen, und das tun wir auch.“Eigentlich seien seine Kollegen dafür auch gut ausgerüstet, „da wollen wir uns gar nicht beschweren“, aber: „Der Taser verschafft uns mehr Handlungssicherheit.“
Und dann ist da noch die Justiz. Die kann bei eindeutiger Sachlage nach einfachem Diebstahl oder Körperverletzung einen Beschuldigten eine Woche lang in Haft nehmen, ihm den Prozess machen.„Das sollte auch bei Gewalt gegen Einsatzund Rettungskräfte gelten“, sagt der Gewerkschafter. „Wenn es ein paar Nächte in der Zelle und dann zwei Monatsgehälter kostet, einem Polizisten ins Gesicht zu schlagen oder spucken – dann überlegt man sich’s vielleicht beim nächsten Mal, ob das wirklich so cool war.“
Tatsächlich aber werden solche Verfahren häufig eingestellt oder ziehen sich über Monate hin. Der Justiz fehlt es wie der Polizei an Personal, und für die Verstärkung der sogenannten Hauptverhandlungshaft fehlt es im Strafvollzug an Plätzen.“
Weil mit mehr Polizisten auf absehbare Zeit so wenig zu rechnen ist wie mit einem Paradigmenwechsel in der Gesellschaft, besteht Gewerkschafter Böhm wenigstens auf dem Taser. Nicht nur zum Schutz seiner Kollegen übrigens: „Mit jedem Angriff, den ein Polizist nicht sofort stoppen kann, verliert der Rechtsstaat sein Gesicht.