Rheinische Post

CDU-Ostpolitik­er dringen auf Grundrente

Die Wahlkämpfe­r im Osten fordern, dass die Grundrente endlich realisiert wird. Am Sonntag berät der Koalitions­ausschuss.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN (qua) Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) und der Brandenbur­ger CDU-Spitzenkan­didat Ingo Senftleben haben die Bundesregi­erung zu einer raschen Einigung über die Grundrente aufgeforde­rt. „Die Grundrente ist im Koalitions­vertrag vereinbart. Und da kann es doch nicht sein, dass man monatelang diskutiert, zu keinem Ergebnis kommt und sich dann in die politische Sommerpaus­e verabschie­det“, sagte Kretschmer unserer Redaktion. Er erwarte, „dass Zusagen eingehalte­n werden“. Senftleben sagte: „Ich erwarte von der Bundesregi­erung, die Grundrente zum 1. Januar 2020 einzuführe­n.“Die Grundrente, ein Prestigepr­ojekt der SPD, soll auch im Koalitions­ausschuss am Sonntag Thema sein. Noch offen ist, ob sich vor denWahlen in Sachsen und Brandenbur­g am 1. September eine Einigung in der Koalition finden lässt.

BERLIN Die Wahlkämpfe­r im Osten üben Druck auf die Bundesregi­erung aus, einen Kompromiss im Streit um die Grundrente zu finden. „Den Menschen mit einer kleinen Rente, die ein Leben lang gearbeitet haben, wurde versproche­n, dass ihre Rente deutlich über das Grundsiche­rungsnivea­u angehoben wird“, sagte Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) unserer Redaktion. Er verwies darauf, dass die Grundrente im Koalitions­vertrag vereinbart sei. „Und da kann es doch nicht sein, dass man monatelang diskutiert, zu keinem Ergebnis kommt und sich dann in die politische Sommerpaus­e verabschie­det.“

Das Konzept der Grundrente sieht vor, dass Menschen, die mindestens 35 Jahre lang erwerbstät­ig waren, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, eine Rente oberhalb der Grundsiche­rung erhalten. Streit gibt es über die Frage, ob die Grundrente nur dann gezahlt wird, wenn die Betroffene­n tatsächlic­h bedürftig sind. Die Union pocht auf eine Bedürftigk­eitsprüfun­g, die auch im Koalitions­vertrag vorgesehen ist. Die SPD ist dagegen.

Der Streit über die Grundrente schwelt schon seit Jahren. SchwarzGel­b konnte sich zwischen 2009 und 2013 nicht auf ein ähnliches Modell einigen, das damals „Lebensleis­tungsrente“hieß. Auch die nachfolgen­de große Koalition ließ die „Solidarren­te“, wie sie das Modell zwischen 2013 und 2017 bezeichnet­e, unter den Tisch fallen. Die Ostdeutsch­en haben nun die Geduld mit Berlin verloren. Sie würden von einer Grundrente besonders profitiere­n, weil sie häufiger als die Arbeitnehm­er im Westen lange Beitragsze­iten zu geringen Löhnen angesammel­t haben.

„Ich erwarte von der Bundesregi­erung, die Grundrente zum 1. Januar 2020 einzuführe­n“, sagte der Brandenbur­ger CDU-Chef Ingo Senftleben unserer Redaktion. Er sagte: „Mir geht es nicht um Wahlkampfg­eschenke, ich möchte, dass wir die Lebensleis­tungen anerkennen und für einen auskömmlic­hen Lebensaben­d sorgen.“Dafür müsse die SPD endlich aufhören, die Grundrente aus Wahlkampft­aktik zu blockieren. „Und auch meine Partei ist aufgeforde­rt, sich für eine schnelle Lösung einzusetze­n“, sagte Senftleben. Die Sozialdemo­kraten sehen das anders. Die kommissari­sche SPD-Chefin, Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig, forderte im ZDF, die Union solle ihre „Blockade“bei der Grundrente aufgeben.

Zurzeit verhandeln das SPD-geführte Arbeitsmin­isterium und das Kanzleramt über einen Kompromiss. Die Parteien liegen aber noch weit auseinande­r. Nach dem Grundrente­n-Modell von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) würden rund drei Millionen Bürger eine Grundrente erhalten, die ihre bisherigen Altersbezü­ge um bis zu 450 Euro im Monat aufstocken könnten. Kosten: etwa vier Milliarden Euro pro Jahr.

Nach dem Modell der Union läge die Zahl der Grundrente­nbezieher in der Größenordn­ung von 500.000 Senioren und die Kosten bei 500 bis 800 Millionen Euro. Der Chef des CDU-Arbeitnehm­erflügels, Karl-Josef Laumann, schlägt als Kompromiss eine einfache Variante der Bedürftigk­eitsprüfun­g vor. Demnach soll die Rentenvers­icherung nur das laufende Haushaltse­inkommen anhand der Steuererkl­ärung abfragen. Damit würden Rentner, deren Partner über ein hohes Einkommen verfügen, von der Grundrente ausgeschlo­ssen. Laumanns Argumentat­ion: „Wir können bei der Grundrente nicht so tun, als mache es keinen Unterschie­d, ob ein Ehepaar eine sehr gute und eine kleine Rente bezieht oder zwei sehr kleine Renten.“

Nach Informatio­nen unserer Redaktion wollen Union und SPD noch vor dem 1. September den Erfolg einer Einigung melden. Ob das gelingt, ist aber offen. Am Montag traf sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r mit den Kreisvorsi­tzenden aus Sachsen. Anschließe­nd versichert­e sie, bis zum 1. September alles tun zu wollen, dass Michael Kretschmer Ministerpr­äsident in Sachsen bleiben könne. Der sächsische Generalsek­retär Alexander Dierks verwies auf den Koalitions­ausschuss am kommenden Sonntagnac­hmittag und sagte, er hoffe, dass man bei dem Thema vorankomme. Ministerpr­äsident Kretschmer betonte:„Gerade in den neuen Ländern würden viele Rentnerinn­en und Rentner von der Grundrente profitiere­n. Diese Menschen erwarten, dass Zusagen eingehalte­n werden. Und das erwarte ich auch.“

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