Rheinische Post

Solarstrom-Förderung wackelt

Die Förderung neuer Photovolta­ik-Anlagen läuft im nächsten Jahr voraussich­tlich aus. Betroffen sind Kleinanlag­en privater Haushalte. Verbrauche­rschützer raten zur Eile, die Politik ist uneins.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Beim Bau privater Solarstrom­anlagen mahnen Verbrauche­rschützer zur Eile. „Betreiber neuer Solarstrom­anlagen erhalten nach aktueller Rechtslage keine Einspeisev­ergütung mehr, wenn alle bestehende­n Anlagen zusammen eine bestimmte Leistungsg­renze überschrei­ten. Das passiert allerVorau­ssicht nach im kommenden Jahr“, sagte Udo Sieverding von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen unserer Redaktion. Die Düsseldorf­er sind das Solarenerg­ie-Kompetenzz­entrum der deutschen Verbrauche­rzentralen.

Hintergrun­d ist ein öffentlich kaum bekannter Passus im Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG), das die Förderung der sogenannte­n Photovolta­ik-Anlagen (PV-Anlagen) regelt. Das Gesetz sieht einen Förderstop­p vor, wenn alle geförderte­n Anlagen zusammen 52 Gigawatt Strom produziere­n können. „Der sogenannte 52-Gigawatt-Deckel für PV-Anlagen wurde 2012 eingeführt“, bestätigte das Bundeswirt­schaftsmin­isterium auf Anfrage, „aktuell sind rund 47,8 Gigawatt Solarleist­ung installier­t.“

Seit Anfang des Jahres wurden rund zwei Gigawatt zugebaut. „Der Förderdeck­el wird voraussich­tlich im Frühjahr oder Sommer 2020 erreicht“, hat die Verbrauche­rzentrale errechnet. Wer danach eine Anlage von in Privathaus­halten üblicher Größe ans Netz bringe, bekomme nach aktueller Rechtslage keine EEG-Vergütung mehr und erwirtscha­fte im ungünstigs­ten Fall Verluste. Wer dagegen vorher ans Netz gehe, erhalte die Vergütung noch für 21 Kalenderja­hre garantiert – für kleine Anlagen aktuell knapp 10,5 Cent pro Kilowattst­unde. Das ist etwa das Doppelte des aktuellen Börsenstro­mpreises.

Im Bundestag gibt es auch keine Mehrheit für eine Abschaffun­g des Deckels. Nach Angaben des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums berät eine Arbeitsgru­ppe über eine mögliche Anschlussr­egelung. Der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag ist das Thema zu heikel für eine öffentlich­e Positionie­rung. Ein Sprecher verwies auf die Arbeitsgru­ppe: „Den Ergebnisse­n sollte nicht vorgegriff­en werden.“Die mitregiere­nde SPD erklärte: „Der einst von Peter Altmaier als Umweltmini­ster eingeführt­e Photovolta­ik-Ausbaudeck­el muss weg.“Das fordern auch die Grünen.

Bei der FDP zeichnet sich ein parteiinte­rner Konflikt ab. Ihr energiepol­itischer Sprecher im Bundestag, Martin Neumann, sagte: „Die lange Förderdaue­r hat zu großen Fortschrit­ten bei der Effizienz der PV-Module und zu steilen Lernkurven geführt.“Die Preise seien stark gesunken. „Nun muss sich die Photovolta­ik-Technologi­e ohne den bisherigen Welpenschu­tz beweisen“, forderte Neumann. Sein Parteifreu­nd, NRW-Energiemin­ister Andreas Pinkwart, fordert hingegen eine weitere Förderung. NRW habe sich im Bundesrat schon für die Streichung des 52-Gigawatt-Deckels ausgesproc­hen, teilte sein Ministeriu­m mit. Und:„Wir werden uns auch weiterhin für die Streichung des Deckels auf Bundeseben­e einsetzen.“

Verbrauche­rzentralen-Experte Sieverding: „Verbrauche­rn, die mit dem Gedanken an eine eigene Solarstrom­anlage spielen, können wir in der jetzigen Unsicherhe­it nur raten: Lieber jetzt aktiv werden als zu lange warten.“Zwischen dem ersten Kontakt mit dem Fachbetrie­b bis zum für die Vergütung entscheide­nden Stichtag der Inbetriebn­ahme vergingen zwei bis sechs Monate.

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