Solarstrom-Förderung wackelt
Die Förderung neuer Photovoltaik-Anlagen läuft im nächsten Jahr voraussichtlich aus. Betroffen sind Kleinanlagen privater Haushalte. Verbraucherschützer raten zur Eile, die Politik ist uneins.
DÜSSELDORF Beim Bau privater Solarstromanlagen mahnen Verbraucherschützer zur Eile. „Betreiber neuer Solarstromanlagen erhalten nach aktueller Rechtslage keine Einspeisevergütung mehr, wenn alle bestehenden Anlagen zusammen eine bestimmte Leistungsgrenze überschreiten. Das passiert allerVoraussicht nach im kommenden Jahr“, sagte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen unserer Redaktion. Die Düsseldorfer sind das Solarenergie-Kompetenzzentrum der deutschen Verbraucherzentralen.
Hintergrund ist ein öffentlich kaum bekannter Passus im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Förderung der sogenannten Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) regelt. Das Gesetz sieht einen Förderstopp vor, wenn alle geförderten Anlagen zusammen 52 Gigawatt Strom produzieren können. „Der sogenannte 52-Gigawatt-Deckel für PV-Anlagen wurde 2012 eingeführt“, bestätigte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage, „aktuell sind rund 47,8 Gigawatt Solarleistung installiert.“
Seit Anfang des Jahres wurden rund zwei Gigawatt zugebaut. „Der Förderdeckel wird voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer 2020 erreicht“, hat die Verbraucherzentrale errechnet. Wer danach eine Anlage von in Privathaushalten üblicher Größe ans Netz bringe, bekomme nach aktueller Rechtslage keine EEG-Vergütung mehr und erwirtschafte im ungünstigsten Fall Verluste. Wer dagegen vorher ans Netz gehe, erhalte die Vergütung noch für 21 Kalenderjahre garantiert – für kleine Anlagen aktuell knapp 10,5 Cent pro Kilowattstunde. Das ist etwa das Doppelte des aktuellen Börsenstrompreises.
Im Bundestag gibt es auch keine Mehrheit für eine Abschaffung des Deckels. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums berät eine Arbeitsgruppe über eine mögliche Anschlussregelung. Der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag ist das Thema zu heikel für eine öffentliche Positionierung. Ein Sprecher verwies auf die Arbeitsgruppe: „Den Ergebnissen sollte nicht vorgegriffen werden.“Die mitregierende SPD erklärte: „Der einst von Peter Altmaier als Umweltminister eingeführte Photovoltaik-Ausbaudeckel muss weg.“Das fordern auch die Grünen.
Bei der FDP zeichnet sich ein parteiinterner Konflikt ab. Ihr energiepolitischer Sprecher im Bundestag, Martin Neumann, sagte: „Die lange Förderdauer hat zu großen Fortschritten bei der Effizienz der PV-Module und zu steilen Lernkurven geführt.“Die Preise seien stark gesunken. „Nun muss sich die Photovoltaik-Technologie ohne den bisherigen Welpenschutz beweisen“, forderte Neumann. Sein Parteifreund, NRW-Energieminister Andreas Pinkwart, fordert hingegen eine weitere Förderung. NRW habe sich im Bundesrat schon für die Streichung des 52-Gigawatt-Deckels ausgesprochen, teilte sein Ministerium mit. Und:„Wir werden uns auch weiterhin für die Streichung des Deckels auf Bundesebene einsetzen.“
Verbraucherzentralen-Experte Sieverding: „Verbrauchern, die mit dem Gedanken an eine eigene Solarstromanlage spielen, können wir in der jetzigen Unsicherheit nur raten: Lieber jetzt aktiv werden als zu lange warten.“Zwischen dem ersten Kontakt mit dem Fachbetrieb bis zum für die Vergütung entscheidenden Stichtag der Inbetriebnahme vergingen zwei bis sechs Monate.