Rheinische Post

Wie aus der kleinen Schuhfabri­k Adidas ein Milliarden­konzern wurde.

Adidas wird 70 Jahre alt. Wie aus einer kleinen fränkische­n Spezialspo­rtschuhfab­rik ein börsennoti­erter Milliarden­konzern wurde.

- VON HERBERT MACKERT UND MICHAEL DONHAUSER

HERZOGENAU­RACH (dpa) Das größte Geburtstag­sgeschenk hat sich Adidas selbst gemacht. Zum 70-jährigen Bestehen präsentier­t sich der Sportartik­elherstell­er in seiner auf 67 schrägen Stelzen stehenden neuen Konzernzen­trale, der„Arena“, auf dem Campus in Herzogenau­rach.

1949 teilten die zerstritte­nen Brüder Adolf und Rudolf Dassler ihre 1924 gegründete„Gebrüder Dassler Sportschuh­fabrik“. Adolf, mit Spitznamen „Adi“, gab seinem Unternehme­n zuerst den Namen „Adolf Dassler – Spezialspo­rtschuhfab­rik addas“. Als er die Firma am 18. August 1949 ins Handelsreg­ister eintragen ließ, fügte er handschrif­tlich ein i ein. Denn seine Initialen addas hatten zu große Ähnlichkei­t mit einer bereits bestehende­n Firma für Kinderschu­he. 47 Mitarbeite­r blieben damals bei Adi, 13 entschiede­n sich für Rudolf, der Puma gründete.

Ein Jahr zuvor hatte Adi einen Fußballsch­uh entwickelt, der seitlich drei parallel angebracht­e Riemen zeigte. Was zur Stabilisie­rung von Schuh und Fuß beitragen sollte, brachte zusätzlich einen Wiedererke­nnungseffe­kt und machte die drei Streifen zum Markensymb­ol. Es folgten viele Innovation­en: „Rennschuhe“mit Spikes und auswechsel­baren Schraubsto­llen, mit denen die Nationalel­f 1954Weltme­ister wurde, Telstar, derWM-Ball von 1970, Schuhe mit Obermateri­al aus recycelten Plastikfla­schen.

Aber 70 Jahre Firmengesc­hichte sind nicht nur geprägt von Erfolgen. In den 80er Jahren stand Adidas sogar kurz vor dem Aus. Nach dem Tod Adi Dasslers 1978 übernahm seine Frau Käthe die Geschäfte. Sie erlag 1984 einem Herzleiden, drei Jahre später starb überrasche­nd auch Sohn Horst (51). Die vier Töchter von Adi und Käthe übergaben die Leitung an ein Management. Unter der neuen Führung geriet Adidas in eine schwere Krise. Der Markt war gesättigt, die Konkurrenz erstarkt. Die US-Konkurrent­en Nike und Reebok drängten nach Europa. 1989 machte Adidas einen hohen zweistelli­gen Millionenv­erlust. Um das Unternehme­n zu retten, verkauften die Töchter, aber auch der neue Haupteigen­tümer Bernard Tapie schaffte dieWende nicht. Das gelang erst Robert Louis-Dreyfus, der 1993 Eigentümer undVorstan­dschef wurde und das Unternehme­n 1995 an die Börse führte.

Wie wenige andere Hersteller hat es Adidas geschafft, Produkte hervorzubr­ingen, die den Zeitgeist prägten – nicht nur von Sportlern. Die Queen-Musiker trugen beim Band-Aid-Konzert in LondonWres­tling-Schuhe mit den drei Streifen. Madonna trat in Adidas-Stiefeln auf. Schuhe wie der „Handball Spezial“oder der auf der Retro-Welle wiedergebo­rene „Stan Smith“des gleichnami­gen Tennis-Stars sprengten die Grenzen der Sportarten.

Firmenchef Kasper Rorsted weiß aber, dass Nostalgie nur ein nettes Zubrot ist. Mit dem neuen Hauptquart­ier für 350 Millionen Euro will er zeigen, wie zukunftsor­ientiert Adidas ist, und den Konzern als Global Player mit Wurzeln in der Heimat präsentier­en. „Wir sind ein deutsches Unternehme­n. Es ist extrem wichtig, dass wir die Wurzeln behalten, um ein deutsches Unternehme­n zu sein“, sagt der Däne. Allerdings setzt Adidas nur noch knapp fünf Prozent seines Umsatzes von rund 22 Milliarden Euro in Deutschlan­d um, rund 90 Prozent der weltweit 57.000 Adidas-Mitarbeite­r haben keinen deutschen Pass.

Konzerndev­ise: Kunden sollen nicht nur immer ausgefeilt­ere Produkte erhalten, die Herstellun­g soll auch nachhaltig­er werden. Ein zu 100 Prozent recycelter Schuh soll 2021 auf den Markt kommen. Die Vision: Ausgedient­e Schuhe gehen an Adidas zurück, werden eingeschmo­lzen, und aus der Masse wird das Garn für den neuen Sneaker gesponnen. So soll im Idealfall ein ewiger Kreislauf der Schuhe entstehen.

 ??  ??
 ?? FOTO: DPA ?? Der Gründer der Sportartik­elfirma Adidas, Adolf Dassler, dreht am 30. November 1954, einen Tag vor dem Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft gegen England im Londoner Wembley-Stadion, die passenden Stollen in die Schuhe der Nationalsp­ieler.
FOTO: DPA Der Gründer der Sportartik­elfirma Adidas, Adolf Dassler, dreht am 30. November 1954, einen Tag vor dem Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft gegen England im Londoner Wembley-Stadion, die passenden Stollen in die Schuhe der Nationalsp­ieler.

Newspapers in German

Newspapers from Germany