Rheinische Post

Elternscha­ft per Erklärung

- VON LOTHAR SCHRÖDER BERICHT FDP WILL LEGALE LEIHMUTTER­SCHAFTEN, TITELSEITE

In Deutschlan­d wird schon seit Jahren darüber diskutiert und seit Jahren nicht entschiede­n: über ein neues Abstammung­srecht. Diese Entscheidu­ngsfindung im Zeitlupent­empo muss nicht immer ein Nachteil sein, wie es auch kein Makel ist, dass andere Länder in dieser Frage schon „weiter“sind, sich zumindest entscheidu­ngsfreudig­er gezeigt haben. Am Anfang von alldem steht die Möglichkei­t der Reprodukti­onsmedizin. Sie macht es auch schwulen und lesbischen Paaren möglich, ein Kind zu bekommen. Der medizinisc­he Fortschrit­t stellt die Juristen vor große und die Gesellscha­ft vor noch größere Fragen. Es geht dabei nämlich um nicht weniger als um ein neues, wenigstens veränderte­s Familienbi­ld und -verständni­s. Wobei sich unsere Formen des Zusammenle­bens ja längst erweitert haben. Wobei das Neue das Traditione­lle nicht einfach abgelöst, sondern ergänzt hat. Die neue Vielfalt ist keine modische Erscheinun­g; sie ist offenbar ein Ausdruck von Bedürfniss­en in unserer Gesellscha­ft, die es immer schon gab, die zu leben aber lange Zeit unmöglich war. Und dasWohl der Kinder? Leiden sie nicht unter einer Mehreltern­schaft von bis zu vier Personen? Vielleicht, aber das wird es auch gar nicht geben. Weil vor dem Gesetz das Zwei-Eltern-Prinzip erhalten bleiben soll. Allerdings könnte eine Erklärung, die Elternscha­ft zu übernehmen, rechtlich an die Stelle des Zeugungsak­tes treten. Ein neues Abstammung­srecht gibt juristisch­e Sicherheit gerade in prekären Lebenslage­n, wenn Partnersch­aft oder Ehe zerbrechen und Fragen des Unterhalts oder des Besuchsrec­hts zu klären sind. Unsere Gesellscha­ft wandelt sich permanent und schneller denn je. Dies zu leugnen, wäre fatal. Gesetze haben keinen Sinn, wenn sie nicht mehr dem Leben der Menschen entspreche­n. Manchmal braucht es Zeit, dies in aller Verantwort­ung zu bedenken.

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