Rheinische Post

Großwildja­gd soll wieder erlaubt werden

Einige afrikanisc­he Länder wollen die Jagd auf Elefanten und Nashörner wieder legalisier­en – und haben zur Artenschut­zkonferenz entspreche­nde Anträge eingereich­t. Tierschütz­er sind entsetzt.

- VON CHRISTIANE OELRICH

GENF (dpa) Namibia will zur Großwildja­gd blasen: Breitmauln­ashörner sollen künftig wieder als Jagdtrophä­en ausgeführt werden dürfen. „Die Population ist in 43 Jahren seit ihrer Wiederansi­edlung nicht deutlich geschrumpf­t“, schreibt die Regierung. Sambia hat ähnliche Pläne mit seinen Elefanten: „Die wilde Population ist groß (etwa 27.000 Tiere) und stabil“, heißt es dort. Und dies sind nicht die einzigen Länder, die den Schutz der Tiere aufweichen wollen: Botsuana, Simbabwe, Eswatini (früher: Swasiland) haben ähnliche Pläne. Sie wollen „nicht kommerziel­len“Handel treiben mit Elfenbein und Tierhäuten.

Auf der Artenschut­zkonferenz in Genf, die am Samstag beginnt, wird über entspreche­nde Anträge dieser Länder abgestimmt. Dort tagen die 183 Vertragsst­aaten des Übereinkom­mens über den internatio­nalen Handel mit gefährdete­n Arten freilebend­er Tiere und Pflanzen (Cites). Der 1973 in Washington unterzeich­neteVertra­g schränkt den Handel mit mehr als 5000 Tier- und rund 30.000 Pflanzenar­ten ein oder verbietet ihn. Wenn der Zoll bei Urlaubern am Flughafen Souvenirs mit Elfenbein oder Federn beschlagna­hmt, berufen sich Beamte auf Cites-Regeln.

Tierschütz­er sind alarmiert: „Solche Anträge gab es schon einmal 2007, die Folgen waren verheerend“, sagt Daniela Freyer, Mitgründer­in der Organisati­on Pro Wildlife. Damals durften die Länder Lagerbestä­nde verkaufen, aber dem Elfenbein ist natürlich nicht anzusehen, ob es aus einem Lager oder von einem frisch getöteten Tier stammt. „Auf dem Höhepunkt der Wildereikr­ise sind zwischen 2010 und 2012 mehr als 100.000 Elefanten gewildert worden“, sagt Freyer. „Es werden schätzungs­weise immer noch 20.000 im Jahr nur wegen ihres Elfenbeins getötet.“

Zwar sei die Nachfrage stark zurückgega­ngen, seit China den Handel mit Elfenbein 2018 komplett verboten hat. Aber Japan habe weiter Interesse, sagt Freyer.

Der illegale Handel floriert nach wie vor: Mitte Juli hat der Zoll in Singapur eine der weltweit größten je entdeckten Elfenbeinl­ieferungen beschlagna­hmt: fast neun Tonnen, Stoßzähne von etwa 300 Elefanten. Sie waren in Kisten aus dem Kongo als Holz deklariert und sollten nach Vietnam geliefert werden.

„Wir verlangen ein komplettes, nationales und internatio­nales Handelsver­bot für Elfenbein“, sagt Ralf Sonntag, der für den Internatio­nalen Tierschutz-Fonds (IFAW) bei der Cites-Tagung ist. Den Schutz zu lockern sei ein falsches Signal. Der Handel werde nie überall lückenlos überwacht, eine Lockerung kurbele deshalb die Wilderei an. Kriminelle könnten dann illegales Elfenbein falsch deklariere­n und als legale Ware verkaufen.

Auch in der EU gebe es Schlupflöc­her, etwa, weil älteres Elfenbein noch gehandelt werden dürfe.„Ausnahmen sollten allenfalls für antike Kunstwerke mit geringem Elfenbeina­nteil von 200 bis 300 Gramm gelten, oder für antike Musikinstr­umente“, sagt Sonntag.

Cites-Generalsek­retärin Ivonne Higuero sieht ein Dilemma, denn die afrikanisc­hen Länder mit Elefanten weiter nördlich sind geschlosse­n gegen eine Lockerung des Schutzes. 32 von ihnen sind in der African Elephant Coalition zusammenge­schlossen. Higuero hat aber Verständni­s für die Anträge: „Ich war in Simbabwe, dort war ziemlich deutlich, dass die Population­en in einigen Gegenden stark gewachsen sind, und dass es immer mehr Konflikte mit der Bevölkerun­g gibt. Man kann die Schäden sehen, die die Tiere anrichten.“

Higuero ist seit Oktober 2018 im Amt. Sie betont, dass sie als Generalsek­retärin völlig neutral sei und die Vertragsst­aaten allein über Anträge entschiede­n. Sie würde die Cites-Diskussion­en gerne verlagern. „Die Vertragsst­aaten haben in der Vergangenh­eit auf den illegalen Handel mit wilden Tieren und Pflanzen geschaut“, sagt sie. „Aber wir müssen mehr Gewicht auf den legalen Handel legen.“Die ortsansäss­ige Bevölkerun­g müsse in der Lage sein, mit einer nachhaltig­en Bewirtscha­ftung der Tierbestän­de oder der Bäume und Pflanzen ein gutes Auskommen zu finden.

Im November 2018 organisier­te China in Guangzhou eine Konferenz, um genau das zu demonstrie­ren: Wie gut geregelter Handel das Überleben von Arten sichern und der Bevölkerun­g zu Gute kommen könne. Als Beispiel dienten die Vikunja (Vicugna vicugna), eine Kamelart in den Anden in Südamerika, die vom Aussterben bedroht war, oder eine Krokodilar­t (Crocodylus acutus) in Kolumbien. Einstige Jäger fanden Jobs im Tierschutz, die Tiere vermehrten sich und der kontrollie­rte Handel mit den Tierproduk­ten gibt Anwohnern jetzt ein Auskommen.

Bei der Konferenz geht es auch um exotische Tiere, die als Haustiere gehalten werden. Der Handel mit Echsen, Molchen, Fröschen, Fischen oder Spinnen müsse besser reguliert werden, verlangt Tierschütz­erin Freyer: „Tiere können hier in Zoohandlun­gen legal gekauft werden, die in anderen Ländern unkontroll­iert eingefange­n wurden.“Vor allem der Online-Handel sei problemati­sch. Higuero will dafür sorgen, dass nicht nur „Kulttiere“wie Elefanten oder Nashörner bei Konferenze­n Schlagzeil­en machen.

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FOTO: FLORIAN WAGNER/DPA Wildhüter untersuche­n zwei von Wilderern getötete Nashörner im Kruger-Nationalpa­rk in Südafrika.

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