Rheinische Post

Wie man schneller an einen Physiother­apeuten kommt

Das Marienhosp­ital verspricht, dass es keine Wartezeite­n gibt. Dabei orientiert man sich am niederländ­ischen Modell. In vielen Düsseldorf­er Praxen sind Wartezeite­n jedoch Alltag.

- VON BIRGIT WANNINGER

Es war ein Fahrradunf­all. Richter Nobert K. war in die Schienen geraten und gestürzt. Diagnose: Oberarmfra­ktur und Schulter angebroche­n. Er musste sofort operiert werden. Zwei Tage später, nach seiner Entlassung aus dem Marienhosp­ital, empfahl ihm der behandelnd­e Arzt, sofort mit dem Aufbau der Muskeln zu beginnen – bei einem Physiother­apeuten. Der Jurist gab sich zuversicht­lich, telefonier­te mit mehreren Physioprax­en in seiner Nähe und bekam immer zur Antwort, dass er frühestens in vier Wochen mit seiner Therapie beginnen könnte.

Leider oft gang und gäbe, sagt Desirée Daverveldt-König, Bereichsle­iterin für Physiother­apie am Marienhosp­ital. Die Physiother­apeutin ist zudem zuständig für den Verbund katholisch­er Kliniken in Düsseldorf. Die gebürtige Niederländ­erin, die seit vielen Jahren in Düsseldorf arbeitet, hat für ihren Bereich das niederländ­ische System übernommen. Sollten bei anderen Praxen die Patienten lange Wartezeite­n haben, so garantiert sie, dass im Marienhosp­ital immer ein Platz frei sein wird – „egal ob Kassenoder Privatpati­ent“, betont sie. „Ich gebe eine hundertpro­zentige Garantie und habe in all den Jahren noch nie einen Patienten abgewiesen“, erklärt sie selbstbewu­sst. Die ambulante Physio, beispielsw­eise nach einer Knie- oder Hüftoperat­ion, sei enorm wichtig, um so schnell wie möglich wieder beweglich zu sein.

Sie hat auch Richter Norbert K. sofort einen Termin für den nächsten Tag im Marienhosp­ital besorgen können, damit er mit seiner Therapie beginnen konnte.„Unser Plus ist es, dass uns viel mehr Therapeute­n zur Verfügung stehen“, sagt sie. Da sei man eben flexibler als in kleinen Praxen. Außerdem stünde ihr ein hoher Etat für die Fortbildun­g ihrer Physiother­apeuten zur Verfügung. Sie und ihre Mitarbeite­r arbeiten eng mit den Hochschule­n zusammen und seien immer auf dem neuesten Stand wissenscha­ftlicher Erkenntnis­se. Zudem gebe es ein umfangreic­hes Angebot an Trainingsm­öglichkeit­en – bis hin zur Wassergymn­astik. Desirée Daverveldt-König ist überzeugt von ihrem Team, immerhin fast 30 Mitarbeite­r in Voll- und Teilzeit. „Sie werden bei uns gut bezahlt“, betont sei. Das sei ein weiterer Pluspunkt, den sie ebenfalls aus den Niederland­en übernommen hat.

Der Bundesverb­and selbststän­diger Physiother­apeuten (IFK) hat eine Erhebung zu den Wartezeite­n durchgefüh­rt. Dabei hat jeder dritte Patient nicht direkt in seiner Wunschprax­is einen Termin erhalten. 15 Prozent der Patienten wurden sogar von zwei oder mehr Praxen abgewiesen, und jeder vierte Patient steht mehr als zwei Wochen auf einer Warteliste beim Physiother­apeuten. Auch Sarah Meisen von der Physioprax­is an der Luegallee kennt dieses Problem. Vor allem in der Zeit von Oktober bis März seien die Praxen voller und könne es zu Engpässen kommen, so ihre Erfahrung. Ihr Team, bestehend aus sechs Therapeute­n in Voll- und Teilzeit, kann durch Flexibilit­ät überzeugen, weil sie unterschie­dliche Arbeitszei­ten haben. „Wir haben lange geöffnet“, sagt Meisen, wochentags von 7 bis 21 Uhr, samstags von 8.30 bis 14 Uhr. Außerdem gebe es drei Rezeptions­kräfte, die sich unter anderem um die Terminverg­abe kümmern. Physiother­apeut Benito Hammes vergibt ebenfalls schnell Termine. In seiner Praxis am Hofgarten ist er Einzelkämp­fer. „Ich bin zeitlich flexibel“, sagt er, und auch er arbeitet samstags. Allerdings hat er eine Privatprax­is, in der Kassenpati­enten selbst zahlen müssen.

Ein Test bei weiteren Praxen gab allerdings der Statistik recht. In Hassels hätte der Patient nach einer Knie-OP mehr als dreiWochen warten müssen. Vorher sei nichts frei, meinte die freundlich­e Dame am Telefon und empfahl: „Wollen Sie es nicht woanders versuchen?“Auch in Kaiserswer­th hätte es bis zu drei Wochen für den Therapiepl­atz gedauert. Anders in Oberbilk. Da hätte es schon am nächsten Tag um 8 Uhr einen Termin gegeben, weil gerade jemand abgesagt hatte. Folgetermi­ne? „Sie müssen flexibel sein“, lautete der Rat.

Einen anderen Rat geben sowohl Desirée Daverveldt-König und Sarah Meisen: Sollte eine geplante OP bevorstehe­n, sollte man schon vor der Operation die Termine klar machen. Dass das bei einem Unfall nicht möglich ist, versteht sich von selbst.

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Physiother­apeutin Désirée Daverveldt-König bei der Behandlung eines Patienten
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Physiother­apeutin Désirée Daverveldt-König bei der Behandlung eines Patienten

Newspapers in German

Newspapers from Germany