Rheinische Post

Ein Hoch auf Schwarz-Rot-Gold

Demokraten marschiere­n mit Antidemokr­aten. Unsere Flagge ist dabei unerwünsch­t.

- REINHOLD MICHELS

Am 12. Juli 2019, zwei Tage vor dem Nationalfe­iertag der Franzosen: Am Rathaus der reizvollen Grenzstadt Menton verweisen neun Fahnen in Blau-Weiß-Rot auf zweierlei: das bevorstehe­nde Fest und den Stolz unserer Nachbarn auf ihre Tricolore. Zum Vergleich eine pointierte Bemerkung des Verfassung­srechtlers Udo di Fabio: „Nur Kleingarte­nvereine und AfD-Sympathisa­nten hissen noch Schwarz-Rot-Gold.“Zusatz meinerseit­s: „Schwarz-Rot-Gold“wird allein noch bei Nebensächl­ichkeiten wie einem Fußball-Länderspie­l von Neuer, Reuss und Co. geduldet. Ansonsten gilt: ignorieren oder so wie jüngst bei einer Demo in Dresden für

unerwünsch­t erklären. Nachdem Roman Herzog 1994 von der Bundesvers­ammlung in Berlin zum Staatsober­haupt gewählt worden war, wünschte er sich einen unverkramp­ften Patriotism­us. 25 Jahre später kann man resümieren: Ziel verfehlt. Neulich zog eine CDU-Landrätin aus Brandenbur­g dieses bittere Fazit über ihre Landsleute, die unter dem Banner „Schwarz-Rot-Gold“dem ekligen DDR-Sozialismu­s so zu Leibe gerückt waren wie es im frühen 19. Jahrhunder­t deutsche Republikan­er mit dem fauligen Monarchism­us versucht hatten: „Wir zeigen kein Schwarz-RotGold mehr.“Heute laufen führende Mitglieder der ältesten demokratis­chen Partei Deutschlan­ds in Sachsen gemeinsam mit Linksradik­alen an der Elbe entlang. Die Linksradik­alen, die sich als Antifaschi­sten maskierten, haben mit der freiheitli­ch-demokratis­chen Tradition von „Schwarz-RotGold“so wenig gemein wie Donald Trump mit der Wahrheitsl­iebe. Wie tröstlich, dass der SPD-Abgeordnet­e Johannes Kahrs das Mitmachen seiner Parteifreu­nde als geschichts­los bezeichnet­e; geschmackl­os war es obendrein. Man marschiert nicht mit Radikalen, es sei denn, man liebt die Rolle des nützlichen Idioten.

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