Der Film „Bang Boom Bang“ist 20 Jahre alt und präsenter denn je. Jede Woche läuft er nicht nur im Kino, sondern ab jetzt auch im Fernsehen. Aus guten Gründen.
UNNA „Bang Boom Bang“ist unsterblich. Das ist keine Wertung, sondern Fakt. Die Ruhrpott-Räuber-Comedy stammt aus dem vergangenen Jahrtausend, doch in einem Bochumer Kino läuft sie seit der Premiere im August 1999 durchgehend, inzwischen in der 1045. Woche. Zum 20-Jährigen des Films zieht das Fernsehen nach: Auch Ruhrgebiets-Exilanten können „Bang Boom Bang“nun Woche für Woche sehen, ein Jahr lang. So hat Kai Blasberg entschieden, Chef des Spartensenders Tele 5,Werbeslogan: „Anders ist besser.“
Klingt so witzig wie wahnsinnig – doch der Werbegag ist gelungen, das Risiko gering bis nicht existent. Tele 5 hat keine messbaren Einschaltquoten zu verlieren, schon gar nicht morgens zwischen null und zwei Uhr. Deshalb läuft die Kleingangster-Klamotte nun im Kleinsender, an jedem Samstag.
„Bang Boom Bang“ist kein guter Film im herkömmlichen Sinne, an seine US-Quasi-Vorbilder wie „The Big Lebowski“oder „Fargo“reicht er nicht heran. Keine Subtilität, nirgends, nur ein Schuss Milieustudie und viel Sprücheklopperei. Aber die ohne Rücksicht auf Verluste. Es geht immer mitten auf die Zwölf, und Ralf Richter lacht dazu sein kehliges, irres Lachen. Auf schwer erklärbare Weise ist der Film mehr als die Summe seiner Teile. Sein Sound ist einzigartig, ein Destillat nicht nur des Ruhrpotts in den 90er Jahren, sondern des Jahrzehnts insgesamt. Identitätsstiftend für das Ruhrgebiet wirkt „BBB“ohnehin.
Regisseur Peter Thorwarth ließ jeden sich selbst oder zumindest seine Paraderolle spielen: aggressiver Proll (Ralf Richter), verpeilter Kiffer (Oliver Korittke), linkischer Loser (Martin Semmelrogge), verträumtes Girlie (Alexandra Neldel). Vertraute Gesichter in jeder Szene: Die Charakterdarsteller Jochen Nickel und Heinrich Giskes glänzen als öliger Pornostar „Franky“und Gangster „Ratte“. Willi Thomczyk spielt einen grienenden Tankwart, Hilmi Sözer einen goldkettchenbehängten Wettbetrüger, Ingolf Lück hat eine Mini-Szene als Sexfilm-Regisseur. Und auf dem Fußballplatz schlägt in einem erhebenden Moment„Action-Andy“(Markus Knüfken) mit einem beherzten Schwinger Til Schweiger zu Boden.
Auftritt Diether Krebs in seiner letzten Rolle, göttlich gut als halbseidener Spediteur Werner Kampmann: „Super, Andi! Die rote Karte zahl’ ich!“Und, zu seiner Auszubildenden Melanie (Neldel): „Naa, Zuckermäusken… Briefe fertich?“
Die Handlung? Zwischen Pferderennbahn und Flughafen,Videothek und Autoscooter ereignen sich Ausund Einbrüche, Erpressungen und Schießereien, diverse Fälle versuchtenVersicherungsbetrugs und blutige Missgeschicke. Ein Tresor bereitet Kummer, eine Leiche wird ver- und später wieder ausgebuddelt. Pistolen und klobige Handys werden geschwungen, Falschgeld wechselt den Besitzer, unschuldige Fernseher gehen zu Bruch. Es wird gekifft, geflucht und viel Auto gefahren, in einem giftgrünen Ford Taunus und einem goldenen 500er Mercedes SEC.
Entscheidender: Über alledem liegt ein Sperrfeuer einmaliger Sprüche, die meisten davon leider undruckbar. Mit„90 Minuten Hardcore – echte Gefühle!“bewirbt der örtliche Schmuddel-Fürst Franky seinen neuesten Erotikstreifen. Kalle Grabowski philosophiert: „Ich baller in dem Coupé mit 240 über die Bahn. Dat ist meine Freiheit!“Melanie sinniert: „Manche Menschen träumen ihr ganzes Leben lang ihren Traum – und irgendwann stellen sie fest, dass sie sich an ihren Traum überhaupt nicht mehr erinnern können.“Ein Däne droht: „Ich sterbe dich!“Zum geflügelten Wort wurde Schluckes ehrfurchtheischende Andeutung im tiefsten Ruhrpott-Idiom: „Ich bin da wat am Planen dran…“
Wat am Planen dran ist auch Ralf Richter. Er träumt von einem Nachfolger für „Bang Boom Bang“, mit ihm selbst in einer Dreifach-Rolle als Knastbruder, Bauarbeiter und Zuhälter. Vor fünf Jahren erschien ein schaler Trailer für „Grabowski – alles für die Familie“, vor drei Jahren beteuerte er auf Nachfrage:„Wir sind dran. Versprochen.“Seitdem: nichts von Belang. Entsprechend sauer sind die mehr als 1000 Fans, die das Projekt mit 127.648 Euro unterstützt haben. Eigentlich sollten sie dankbar sein. Sie könnten nur enttäuscht werden. Kalle Grabowski soll in Frieden ruhen.