Eine Netzwerkerin für die Raketenstation
Einen Schreibtisch in einer Raketenstation hat nun wirklich nicht jeder, und Tatjana Kimmel-Richter weiß das sehr zu schätzen: „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich über die Feldstraße zur Raketenstation Hombroich in mein Büro fahre.“Seit sechs Jahren arbeitet die in Düsseldorf lebende Kunsthistorikerin, Autorin, TV- und Radio-Journalistin als Sprecherin der Stiftung Insel Hombroich auf der ehemaligen Nato-Militärbasis.
Nebenan hat im Sommer 1987 der Düsseldorfer Immobilienentwickler und Sammler Karl-Heinrich Müller das unter Kennern weltberühmte Ensemble „Museum Insel Hombroich“als Zusammenspiel von Kunst und Natur angelegt, das heute im Besitz der Stiftung ist. Seit 1994 wird die ehemalige Raketenstation komplementär zur Kunst in der Natur als Ort der Entwicklung von Kunst und Architektur und als Lebens-und Arbeitsraum für Künstler aus den Bereichen Kunst, Literatur und Musik genutzt.
Tatjana Kimmel-Fichtner kümmert sich um den öffentlichen, publikumswirksamen Auftritt des Kulturraums Hombroich, sie ist für die Internetseite, Social Media und Nachfragen aller Art zuständig. „Täglich kommen beispielsweise Anfragen, diesen besonderen Ort als Location für Dreh- und Fotoarbeiten zu nutzen“, sagt die 54-Jäh
rige. Doch keine Chance: „Weder die Gebäude noch die Kunst wollen wir als Kulisse zur Verfügung stellen.“Die Stiftung vermietet jedoch Räume auf der Raketenstation für externe Veranstaltungen, öffnet sie im Rahmen ihres Kulturprogramms und zur Übernachtung im Gästehaus für das Publikum.
Die gebürtige Koblenzerin ist vor 20 Jahren mit ihrem Mann, einem Professor der Urologie, nach Düsseldorf gezogen. Hier wurde die jüngere der beiden Töchter geboren. Hier hat sie unaufgeregt und charmant ihr breit angelegtes Netzwerk geknüpft. „Kommunikation und Kontaktpflege ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, erzählt sie bei einem Kaffee an einem ihrer Lieblingsorte, im „Wunderhaus“in Kaiserswerth. Der Großraum Düsseldorf sei eine ideale Plattform, um mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Die rheinische Gelassenheit mache es Wahl-Düsseldorfern auch hier extrem einfach, findet sie.
Sie sei von klein auf sehr neugierig gewesen und findet es spannend, auch außerhalb von Familie, Freunden und Job Erfahrungen auszutauschen, eigene Stärken zu nutzen und sich ehrenamtlich auf diversen Plattformen zu bewegen. Eine davon ist das weltweite Netzwerk berufstätiger Frauen „Soroptimist International“, das sich den Leitsatz „bewusst machen, bekennen, bewegen“auf die Fahne geschrieben hat. Frauen fördern Frauen und nutzen ihre Gemeinschaft, um anderen zu helfen. So hat ihr lokaler Club das Projekt „MIA – Mädchen im Aufwind“gestartet, das zehn Schülerinnen der Gemeinschaftshauptschule Graf-Recke-Straße ab der Klasse 9 bis zu drei Jahre lang bei der Berufsorientierung unterstützt und beispielsweise Praktikumsplätze vermittelt. Eine Herzenssache für die Netzwerkerin.
Einer ihrer ganz persönlichen Leidenschaften – Gastgeberin zu sein und Neues zu erfahren – frönt die Kommunikations-Expertin, indem sie von Zeit zu Zeit in ihrem Wohnzimmer Klappstühle aufstellt und dem geneigten Publikum in ihrem „Salon“kluge Köpfe präsentiert. So waren im Rahmen der bundesweiten Privatinitiative „Salonfestival – Kultur leben, Gesellschaft gestalten“(salonfestival.de) erst vergangene Woche im Garten von Tatjana Kimmel-Fichtner das Journalisten- und Autoren-Ehepaar Samiha Shafy und Klaus Brinkbäumer zu Gast. Noch bevor deren Buch „Das kluge, lustige, gesunde, ungebremste, glückliche, sehr lange Leben – Die Weisheit der Hundertjährigen” offiziell erschienen ist, feierte es seine Vorlese-Premiere mit anschließendem Diskurs unterm alten Apfelbaum.
Dagmar Haas-Pilwat