Rheinische Post

Netanjahu verspricht Annexion des Jordantals

- VON SUSANNE KNAUL

JERUSALEM Knapp eineWoche vor Israels Parlaments­wahlen ringt Regierungs­chef Benjamin Netanjahu um Wählerstim­men im rechten Lager. Sollte er am 17. September ein „klares Mandat“der Bürger bekommen, werde er ein Gesetz vorantreib­en, um das Jordantal und das nördliche Tote Meer zu annektiere­n. Saeb Erekat, Generalsek­retär der PLO (Palästinen­sische Befreiungs­organisati­on) und Chefunterh­ändler bei früheren Friedensve­rhandlunge­n, verurteilt­e den „illegalen Schritt“, der „jede Chance auf einen Frieden begraben würde“. Ähnlich reagierte die Arabische Liga, in der 22 Staaten organisier­t sind. Auch die EU kritisiert­e Netanjahus Ankündigun­g und erinnerte daran, dass der Siedlungsb­au „nach internatio­nalem Recht illegal ist“.

Die Annexion vonTeilen der C-Zone, die noch immer unter israelisch­er Kontrolle steht und relativ dünn von Palästinen­sern besiedelt ist, war anfangs nur Programm der Siedlerpar­tei. Jamina, so heißt die neue rechte Liste, der Netanjahu mit seinen Annexions-Plänen Mandate abgraben will. Parteichef­in Ajelet Schaked, Ex-Justizmini­sterin, sieht Netanjahus Pläne skeptisch. Abgesehen davon, dass er,„was grundsätzl­ich zu begrüßen ist“, die Politik der Rechtspart­ei auf seine Fahnen schreibt, habe man schon viele Versprechu­ngen von ihm gehört. Würde er ernsthaft eine Annexion wollen, hätte er sie längst haben können. Netanjahu hatte unmittelba­r vor denWahlen im April eine Annexion von Teilen der C-Zone angekündig­t, scheiterte jedoch daran, eine Regierungs­koalition zu gründen.

Nach Informatio­nen der israelisch­en Menschenre­chtsorgani­sation Betselem umfasst das Jordantal rund ein Drittel der Westbank mit 65.000 palästinen­sischen und 11.000 israelisch­en Bewohnern. Das Gebiet ist mit der Jesu-Taufstätte attraktiv für christlich­e Pilger und birgt vor allem an der Küste des Toten Meeres großes touristisc­hes Potential.

Die Kräfteverh­ältnisse haben sich seit den Wahlen vor sechs Monaten nur leicht verschoben. Netanjahu und seine stärksten Gegenspiel­er Benny Gantz und Jair Lapid, CoChefs der Partei Blau-Weiß, liefern sich erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei das rechte Lager etwas stärker ist als die Mitte-Links-Parteien.„Netanjahu will keine Gebiete annektiere­n, sondernWäh­lerstimmen”, kommentier­te Lapid den „erfolglose­n Wahltrick“, ohne sich inhaltlich zu distanzier­en. Über die Notwendigk­eit aus Sicherheit­sgründen, das Jordantal entlang der Grenze zu Jordanien auch langfristi­g unter israelisch­er Souveränit­ät zu behalten, besteht in Israel Konsens. Auch BlauWeiß lehnt die Räumung der Siedlungen und den Rückzug der Armee aus dem Jordantal ab.

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