Union und SPD ringen um die Klimawende
Die große Koalition muss diese Woche ihr Konzept vorlegen. Dafür werden Investitionen von rund 40 Milliarden Euro notwendig sein.
BERLIN Aus der Flut an Vorschlägen, wie Deutschland seinen Beitrag zur weltweit notwendigen Klimawende leisten kann, soll in dieser Woche ein finanzierbares Konzept der Bundesregierung entstehen. Noch aber gibt es zwischen Union und SPD keine Einigung. Entscheidend wird die Sitzung des Koalitionsausschusses am Donnerstagabend sein.
Meldungen, wonach für den Klimaschutz in den kommenden vier Jahren rund 40 Milliarden Euro investiert werden sollen, bestätigten weder Union noch SPD. Allerdings gilt diese Größenordnung als realistisch. Schon in den vergangenen Wochen waren dazu Angaben zwischen 35 und 50 Milliarden Euro gemacht worden.
Es zeichnet sich ab, dass die große Koalition Bürgern und Unternehmen Anreize setzen wird, sich klimafreundlich zu verhalten. So könnte es höhere Kaufprämien für Elektroautos geben. Auch Zuschüsse für die Gebäudesanierung und Fördergelder für emissionsfreie Kraftstoffe, zum Beispiel für die Wasserstoffforschung, werden diskutiert. Insgesamt sei man ein großes Stück vorangekommen, hieß es aus Verhandlerkreisen. Nachgedacht wird auch über preiswertere Bahntickets bei einer gleichzeitigen Verteuerung des Flugverkehrs.
Der Flughafenverband ADV zeigte sich über eine mögliche Verteuerung der Flugtickets durch höhere Steuern bereits alarmiert. „Gewinner wäre nicht das Klima, sondern Flughäfen im grenznahen Ausland“, erklärte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.
Bislang konnten Union und SPD keine Einigung über die zentrale Frage erzielen, welches Preisschild der Ausstoß von CO2 künftig tragen soll. Die Union setzt sich für einen Zertifikatehandel ein, wonach die Verursacher von CO2, zum Beispiel Mineralölkonzerne, entsprechende Ausstoßrechte erwerben müssten. Die SPD hingegen plädiert für eine CO2-Steuer. „Wenn es dabei bleibt, dass wir keine CO2-Steuer bekommen, haben wir kein Instrument, das kurzfristig wirkt“, kritisierte die Umweltpolitikerin und Kandidatin für den SPD-Vorsitz Nina Scheer. „Sollte es zudem einen Höchstpreis für die CO2-Zertifikate geben, dann wird dieses Instrument nicht wirken“, sagte Scheer unserer Redaktion. Sie forderte, dass die Regierung vielmehr auf die wirklich „wirksamen Instrumente“für Klimaschutz setzen müsse: Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. „Da ist nichts in der Pipeline.“
Als möglicher Kompromiss gilt, dass sich die Koalition im Verkehrsund Gebäudesektor, also für Sprit und Heizen, auf einen Emissionshandel einigt. Der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel machte deutlich, dass die Bürger nicht im Übermaß belastet werden dürfen. „Der SPD ist es dabei ganz wichtig, dass der Klimaschutz wirklich wirksam und verbindlich ist und dass jede Bürgerin, jeder Bürger zurechtkommen kann mit den Entscheidungen.“
Die CDU-Führung wird an diesem Montag zudem ein eigenes Klimaschutz-Konzept beschließen, das unserer Redaktion vorliegt. In dem 23-seitigen Papier leitet die CDU die Aufgabe zum Klimaschutz aus einer christlicher Haltung her und verweist insbesondere auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels für Wald und Bauern. Dieser Blickwinkel ist vor allem jenen in
der Partei geschuldet, die skeptisch sind, ob der Klimawandel tatsächlich menschengemacht ist.
Noch vor der langen Liste an Klimaschutzmaßnahmen steht der Verweis, dass Deutschland einen Anteil an der Weltbevölkerung von einem Prozent hat. Derweil liege der Anteil am weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bei zwei Prozent.
Als zentrales Instrument gegen den Klimawandel bewirbt die CDU den Zertifikatehandel, der als CO2-Deckel wirken solle, international wie national. Als konkrete Maßnahmen schweben der Union unter anderem vor, die Energiesteuer auf nicht-fossile Energieträger abzuschaffen, eine Klimaprämie für mehr Energiesparsamkeit in den eigenen vier Wänden einzuführen, die Preise für Bahntickets zu senken, einen Klimafonds als Kapitalanlage anzubieten, die Kfz-Steuer zu reformieren und den Güterverkehr auf der Schiene zu erhöhen.
Um im Zuge steigender Kosten für Sprit die Pendler nicht zu überfordern, will die CDU die Pendlerpauschale erhöhen. Wer den ÖPNV nutzt oder ein Öko-Auto fährt, soll besonders profitieren.