Demo-Verbot provoziert Gewalt in Hongkong
Ausschreitungen zwischen Gegnern und Anhängern der Pekinger Führung verschärfen den Konflikt.
HONGKONG (dpa) Trotz eines Demonstrationsverbots sind am Sonntag in Hongkong wieder Zehntausende für mehr Demokratie und Freiheitsrechte auf die Straße gegangen. Anschließend kam es in der chinesischen Sonderverwaltungsregion erneut zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, als radikale Demonstranten am Regierungssitz Steine und Brandsätze auf Polizeikräfte hinter den Absperrungen warfen. Meist schwarz gekleidete, mit Gasmasken und Helmen ausgerüstete oder vermummte Aktivisten hatten zuvor Straßenblockaden errichtet und Einrichtungen der U-Bahn in der Millionenstadt beschädigt.
Es ist das 15. Wochenende in Folge, an dem in der früheren britischen Kronkolonie protestiert wurde. Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeibrutalität, Amnestie für die bereits mehr als 1000 Festgenommenen und freie Wahlen. Aus Sicherheitsgründen hatte die Polizei die ursprünglich geplante Großdemonstration untersagt, zu der die Civil Human Rights Front aufgerufen hatte. Die Gruppe hatte schon Märsche mit bis zu mehr als einer Million Teilnehmern organisiert.
„Es ist meine Verantwortung als Hongkonger, für Freiheit zu kämpfen“, sagte der Designer Wolf Shek, der trotz des Verbots demonstrierte. „Ich bin kein Protestler in der ersten Reihe, aber in meiner Position will ich alles tun, was ich tun kann, um unsere Stadt zu retten.“Auch religiöse Gruppen mit dem pensionierten Kardinal Joseph Zen an der Spitze hatten zu Gebetsstunden aufgerufen.
Vor dem Regierungssitz kam es zu Zwischenfällen. Ein Wasserwerfer spritzte auch wieder mit blauer Farbe versetztes Wasser auf Demonstranten – vermutlich, um sie zu markieren. Einsatzkräfte rückten später auf der Straße vor und vertrieben mit ihrem Vormarsch die Demonstranten, die Straßenblockaden zurückließen. Am Rande der Proteste kam es zu gewalttätigen Übergriffen zwischen Gegnern und Unterstützern der Regierung. EinVideo zeigte, wie schwarz gekleidete Radikale einen Mann verprügelten und mit Füßen traten, bis er bewusstlos auf der Straße lag. Er hatte nach Medienberichten für die Polizei Partei ergriffen. Wie die „South China Morning Post“berichtete, wurde der Mann schwer verletzt.
In Fortress Hill und North Point gingen Männer, die weiße T-Shirts als Zeichen ihrer Unterstützung für Peking und Hongkongs Regierung trugen, mit Fäusten und Stöcken auf regierungskritische Demonstranten los. Seit mehr als vier Monaten wird in Hongkong gegen die dortige Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking auf die Sonderverwaltungsregion protestiert.