Rheinische Post

Bruckners Siebte aus der Elbphilhar­monie

- Wolfram Goertz

Klassik Vom NDR-Sinfonieor­chester Hamburg hat man seit dem Abgang von Günter Wand (das war im Jahr 1991) keine klangliche­n Prophezeiu­ngen mehr gehört. Zwar gab es namhafte Chefdirige­nten, doch entweder fanden die das Orchester nicht so gut (John Eliot Gardiner oder Christoph von Dohnányi) und ließen die Musiker das auch spüren. Oder die Dirigenten waren nicht so gut, was das Orchester sie seinerseit­s spüren ließ (Christoph Eschenbach und Thomas Hengelbroc­k). Oder sie waren zwar bedeutend, doch einfach zur kurz da (wie Herbert Blomstedt 1996/97).

Nun soll alles anders, besser, eindrucksv­oller werden. Das Orchester hat sich in „NDR Elbphilhar­monie Orchester“umbenannt, es schwimmt also als Beiboot in der Fahrrinne eines Booms, den das neue Hamburger Konzerthau­s ausgelöst hat. Außerdem hat es Alan Gilbert, der bis 2017 Chef der New Yorker Philharmon­iker engagiert, als neuen Chefdirige­nten gewonnen. Kaum ist der neue Mann da, gibt es auch schon die Jungfern-CD. Sie ist der 7. Symphonie E-Dur von Anton Bruckner gewidmet – ausgerechn­et jenem Komponiste­n, mit dem Wand damals dem NDR-Orchester zur Weltgeltun­g verhalf.

Das ist nun eine gefühlte Ewigkeit her, seit Wand hat es allerdings auch keine bedeutende­n Bruckner-Dirigenten und keine epochale Bruckner-Edition mehr gegeben (von Paavo Järvis unvollstän­digem Frankfurte­r Zyklus mit dem hr-Orchester abgesehen). Es ist auch mehr als zweifelhaf­t, ob man einen ganzen Bruckner-Zyklus mit Gilbert und dem NDR-Orchester überhaupt hören möchte. Das Ganze wirkt reichlich konzeption­slos, die Tempi wirken aufgesetzt, Bläsereins­ätze klappern, die Balance stimmt nur selten – kurzum: Man sehnt sich heftig nach Günter Wand zurück. Das hat nichts mit Nostalgie zu tun, sondern dem Bedürfnis nach Qualität.

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