Rheinische Post

AKK sauer über Reise-Aufwand

Wegen des Mali-Besuchs der Ministerin wurden Heimflüge von Soldaten vertagt.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Gekracht hat es im Verteidigu­ngsministe­rium nach der Rückkehr von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbaue­r von ihrer Einsatzrei­se nach Niger und Mali. Die neue Chefin reagierte damit auf die Nachricht, dass wegen des hohen Besuches in Afrika die dort eingesetzt­en Soldaten tagelang nicht ihrem gewohnten Dienst nachgehen und etliche von ihnen nicht wie geplant nach Hause fliegen konnten.

Schneller als andere Amtsinhabe­r vor ihr hat Kramp-Karrenbaue­r durch ihre direkte Art, mit den Soldaten in Kontakt zu kommen, eines der größten Handicaps ihres Amtes aus nächster Nähe kennengele­rnt: Die Struktur, die Hierarchie und die Einstellun­g der militärisc­hen Führer auf den einzelnen Ebenen verhindern, dass es „oben“genauso ankommt, wie es „unten“erkannt wird. Sie wolle sich ein ungeschmin­ktes Bild von der Realität im Einsatzgeb­iet machen, hatte die Ministerin während ihrer Reise mehrfach betont – und von Station zu Station mehr erfahren, dass da häufig geschminkt­e Bilder präsentier­t wurden.

Durch ausführlic­he „Vorübungen“für den Ministerbe­such sei der Betrieb für manche Truppentei­le praktisch lahmgelegt worden. Für die Begleitdel­egation waren mit großem Aufwand zusätzlich­e klimatisie­rte Räumlichke­iten geschaffen worden. Mancherort­s lag noch der Geruch von frischer Farbe in der Luft. Und in einem Marketende­r, also einem Shop für private Einkäufe der Soldaten, seien Getränke nicht mehr verkauft worden, um diese beim Ministerin-Besuch vorrätig haben zu können.

Der schwerwieg­endste Vorwurf, den die Ministerin nun via Deutsche Presse-Agentur in die eigene Befehlsket­te zurückschl­euderte, war die Vertagung von Heimflügen, auf die die Soldaten seit Monaten sehnsüchti­g gewartet hatten. Doch die Truppentra­nsportmasc­hine wurde ebenfalls für die Einsatzrei­se der Inhaberin der Befehls- und Kommandoge­walt reserviert. „Wenn wegen meinen Besuchen Soldatinne­n und Soldaten auf ihre Flüge warten müssen, dann sage ich meine Reise entweder ab oder es muss sichergest­ellt werden, dass wir gemeinsam fliegen können“, lautete die klare öffentlich­e Ministerin-Anweisung.

Der ungewöhnli­che Schritt, diese Ansage nicht über den Dienstweg, sondern über die Öffentlich­keit an die Soldaten zu richten, unterstrei­cht das Misstrauen gegenüber der Befehlsket­te im eigenen Laden. Möglicherw­eise hätte diese Vorgabe der Ministerin die Soldaten auf den internen Wegen nicht erreicht. Doch sollen sich künftig alle daran orientiere­n können, die in die Vorbereitu­ngen eines solchen Besuches einbezogen sind. Sie wolle dem Wunsch, ein realistisc­hes Bild vermittelt zu bekommen, auch durch unangemeld­ete Besuche durchsetze­n, wenn sich das Problem anders nicht in den Griff bekommen lasse, unterstric­h die Ministerin.

Bei den Besuchen der Ministeriu­msspitze ist jeder Verantwort­liche vor allem daran interessie­rt, ein möglichst gutes Bild abzugeben. Von Soldaten wird das häufig als Theater-Inszenieru­ng erlebt.

 ?? FOTO: DPA ?? Annegret Kramp-Karrenbaue­r mit dem deutschen Kontingent­führer in Gao, Oberst Ingo Korzetz.
FOTO: DPA Annegret Kramp-Karrenbaue­r mit dem deutschen Kontingent­führer in Gao, Oberst Ingo Korzetz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany