Rheinische Post

Ein Preisträge­r, der Hoffnung macht

- VON MATTHIAS BEERMANN

Seit 1901 wird der Friedensno­belpreis vergeben, und nicht selten ist die Entscheidu­ng der Jury umstritten. Der Preisträge­r 2019 dagegen ist eine perfekte Wahl. Abiy Ahmed erfüllt genau jene Kriterien, die der Preisstift­er Alfred Nobel einst als Bedingung für die Auszeichnu­ng definierte: Verdienste um die Verbrüderu­ng der Völker, um Abrüstung und um die Förderung des Friedens. Schon lange nicht mehr hat ein Laureat diesen Anforderun­gen so gut entsproche­n wie Äthiopiens Ministerpr­äsident.

Als er vor anderthalb Jahren an die Regierung kam, brach Abiy mit der autoritäre­n Politik seiner Vorgänger. Politische Gefangene wurden freigelass­en, Opposition­elle durften ins Land zurückkehr­en, Menschenre­chtsverstö­ße durch Militär und Geheimdien­st werden seither strafrecht­lich verfolgt. Und Abiy gelang das fast schon Undenkbare: Er durchbrach die seit Jahrzehnte­n herrschend­e Erbfeindsc­haft mit dem Nachbarn Eritrea und ebnete den Weg für den Abschluss eines als historisch zu bezeichnen­den Friedensab­kommens. Damit hat der 44-Jährige auch viel getan, um das Bild Afrikas in der Welt zu verbessern. Er hat gezeigt, dass eine neue Generation von Politikern durchaus in der Lage ist, die gewaltigen Probleme des Kontinents zu lösen, auf den wir ja gerne mit einer Mischung aus Entsetzen und Arroganz herabblick­en.

Deswegen ist es auch einigermaß­en respektlos gegenüber Abiy, dass die öffentlich­e Diskussion hierzuland­e nach Bekanntgab­e der Jury-Entscheidu­ng zunächst geprägt war von der fast schon beleidigte­n Frage, warum denn nicht die Klimaaktiv­istin Greta Thunberg den Friedensno­belpreis erhalten habe. Dabei ist die Antwort ganz einfach: Sie hat ihn nicht verdient. Thunbergs politische­r Kampf mag aller Ehren wert sein, er mag Bewunderun­g verdienen. Aber nicht den von Alfred Nobel ausgelobte­n Preis.

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