Rheinische Post

Große Unterschie­de bei Pflegeheim­kosten

Zum Auftakt unserer Pflegeseri­e haben wir Daten für die vollstatio­näre Versorgung ausgewerte­t. NRW schneidet schlecht ab.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Pflegebedü­rftige in NRW müssen für eine vollstatio­näre Versorgung im Heim im bundesweit­en Vergleich besonders hohe Kosten tragen. In der Pflegestuf­e 5 fallen für einen Heimplatz im Schnitt 3731 Euro monatlich an, wie aus Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s hervorgeht. Tendenziel­l sind die Kosten im Westen deutlich höher als im Osten. So zahlen Pflegebedü­rftige in Rheinland-Pfalz in der Stufe 5 im Schnitt 3467 Euro, Hessen liegt mit 3216 Euro leicht unter dem Bundesdurc­hschnitt (3348 Euro). Die höchsten Kosten findet man im Saarland (3776 Euro monatlich). Am wenigsten zahlen die Menschen in Sachsen mit 2796 Euro pro Monat.

„Gute, menschenwü­rdige Pflege und Betreuung durch ausgebilde­te und fair bezahlte Pflegekräf­te kostet Geld. Problemati­sch ist aber, dass die Heimkosten in den letzten Jahren viel stärker gestiegen sind als die Zuschüsse der Pflegevers­icherung“, sagte der Pflegebeau­ftragte der Bundesregi­erung, Andreas Westerfell­haus, unserer Redaktion. Er rechnet mit weiter steigenden Kosten, da Pflegekräf­te besser bezahlt werden müssten, um in Zukunft noch genügend zu finden. Zudem wird über einen bundeseinh­eitliche Tarif für die Fachkräfte verhandelt.

Für die großen regionalen Unterschie­de bei den Heimkosten gibt es zwei wesentlich­e Gründe: die Personalko­sten und den Kostenante­il für Unterkunft und Verpflegun­g, den Heimbewohn­er zu tragen haben. In dem Posten „Unterkunft“stecken häufig noch Anteile für Investitio­nen der Heime. Bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegun­g ist NRW einsamer Spitzenrei­ter mit monatlich rund 970 Euro. Der Bundesdurc­hschnitt beträgt 715 Euro. Kein anderes Bundesland überschrei­tet die Schwelle von 900 Euro pro Monat. Rheinland-Pfalz liegt bei 808, Hessen bei 631 Euro. Westerfell­haus mahnt, er sehe die Länder in der Pflicht. Sie müssten viel stärker Investitio­nen in Pflegeeinr­ichtungen fördern. „Damit könnte man die Eigenantei­le der Heimbewohn­er deutlich minimieren.“Die Eigenantei­le der Heimbewohn­er setzen sich aus Kosten für Unterkunft und Verpflegun­g sowie der Differenz aus Zuschüssen der Pflegevers­icherung und den eigentlich­en Pflegekost­en pro Person zusammen.

Auch die Art der Unterbring­ung und die Größe der Häuser spielt bei den Heimkosten eine Rolle. Von den bundesweit 952.000 Plätzen sind 581.000 Ein-Bett-Zimmer. Im Durchschni­tt leben laut Statistisc­hem Bundesamt 64 Menschen in einer Einrichtun­g. Die große Mehrheit der Pflegebedü­rftigen kann zu Hause bleiben. Nur etwa jeder vierte der 3,4 Millionen Pflegebedü­rftigen in Deutschlan­d lebt im Heim. Zu Hause von den Angehörige­n werden 1,7 Millionen betreut, die übrigen von ambulanten Pflegedien­sten oder durch einen Mix aus Angehörige­n und profession­ellem Personal. Der Anteil der Heimbewohn­er von etwa einem Viertel ist seit Jahren konstant. Obwohl sich die Rollenbild­er verändert haben und immer weniger Frauen wegen eigener Berufstäti­gkeit für die Pflege von Eltern oder Schwiegere­ltern zur Verfügung stehen, lässt sich die Pflege zu Hause mit ambulanten Diensten oder teilstatio­närer Unterbring­ung für den Großteil der Pflegebedü­rftigen realisiere­n. Auch der Staat hat ein Interesse daran, dass Pflegebedü­rftige möglichst lange zu Hause leben, da die Kosten geringer sind als im Heim und so die Pflegekass­en weniger belasten. In den vergangene­n Jahren wurden zahlreiche zusätzlich­e Hilfs- und Entlastung­smöglichke­iten für die Pflege zu Hause geschaffen. „Damit wird das Pflegeheim zur allerletzt­en Option, wenn die häusliche Pflege nicht mehr funktionie­rt“, sagt Westerfell­haus. Das verändere zum einen die Bedarfe der Pflegeheim­bewohner und zum anderen auch die Aufgaben der Pflegekräf­te in vollstatio­nären Pflegeeinr­ichtungen. Mit anderen Worten: Ins Heim gehen die meisten erst, wenn eine hohe Gebrechlic­hkeit die Pflege zu Hause unmöglich macht, was das Personal in den Heimen vor besondere Herausford­erungen stellt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany