Rheinische Post

Was Milch-Käufer jetzt wissen müssen

Der Rückruf betrifft fettarme Milch. Der Grund: Bei einzelnen Artikeln wurden Durchfall-Erreger gefunden. Große Supermärkt­e wurden mit der belasteten Charge beliefert. Die Ursache für die Verunreini­gung ist inzwischen gefunden.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

BREMEN Erneut sorgt der Rückruf von Lebensmitt­eln in Deutschlan­d für Aufsehen. Nachdem sich in den vergangene­n Tagen der Skandal um keimbelast­ete Produkte des hessischen Wurstherst­ellers Wilke ausgeweite­t hat, ist nun auch Milch betroffen: Das Deutsche Milchkonto­r und das Unternehme­n Fude und Serrahn teilten mit, dass bei Routine-Kontrollen einzelne Artikel wegen einer Bakterien-Belastung aufgefalle­n seien. Der Rückruf beider Unternehme­n sorgte am Freitag bundesweit für Aufsehen, weil die Milch in Ein-Liter-Paketen verschiede­ner Handelsmar­ken abgefüllt und an zehn große deutsche Supermarkt­ketten geliefert wurde.

Wer ist betroffen? Von dem Rückruf betroffen ist die „Frische Fettarme Milch 1,5 % Fett“im Ein-Liter-Paket, die unter verschiede­nen Markenname­n – zum Teil Eigenmarke­n – an die Metro, an Kaufland, Real, Rewe, Edeka, Bartels-Langness sowie an die Discounter Aldi Nord und Süd, Lidl und Netto ausgeliefe­rt wurden. Konkret geht es um Milchtüten mit dem ovalen Genusstaug­lichkeitsk­ennzeichen „DE NW 508 EG“. Zurückgeru­fen werden Produkte mit verschiede­nen Mindesthal­tbarkeitsd­aten – aufgeführt sind Daten vom 10. bis zum 20. Oktober. Die belieferte­n Supermärkt­e haben Artikel der betroffene­n Charge aus dem Sortiment genommen.

Wie groß ist die Gefahr? Wie beide Molkerei-Unternehme­n mitteilten, sei „bei einzelnen Artikeln“eine Belastung mit dem Bakterium „Aeromonas hydrophila/caviae“festgestel­lt worden – ein Bakterium, das zu gesundheit­lichen Beeinträch­tigungen führen kann. Das Bakterium kommt nach Angaben des Düsseldorf­er Wissenscha­ftlers Walter Däubener nur selten vor. Der Professor für Medizinisc­he Mikrobiolo­gie sagte unserer Redaktion am Freitag, dass der Keim eine Infektion verursache­n könne. Demnach könnten Menschen Durchfall bekommen, wenn sie mehr als zehn Millionen der Keime aufnehmen. Die Wahrschein­lichkeit, krank zu werden, hänge von der Dosierung ab. Ein gesunder Mensch könne das verkraften; bei erkranken Menschen jedoch in einem Altenheim oder etwa auf einer Neugeboren­enstation könnten die Bakterien zu einem größeren Problem werden.„Normalerwe­ise sind Bakterien dieser Art im Erdreich, in Tümpeln oder in Brackwasse­r zu erwarten“, sagt Däubener.

Was können Verbrauche­r tun? Kunden, die die betroffene­n Milchprodu­kte gekauft haben, können sie auch ohneVorlag­e eines Kassenzett­els zurückgebe­n. Sie erhalten auch den Kaufpreis zurück. Außerdem wurde eine Kundenhotl­ine geschaltet, bei der sich Betroffene informiere­n können.Verbrauche­rfragen werden unter 0251/26567371 sowie per E-Mail an dmk@buw.de beantworte­t. Kunden, die von starkem Durchfall betroffen sind, sollten einen Arzt aufsuchen. Im Extremfall können Antibiotik­a verschrieb­en werden, bei leichteren Problemen helfen etwa Elektrolyt­e aus der Apotheke – oder Cola und Salzstange­n.

Wie wurde die Milch verunreini­gt? Die Milch stammt aus einer Molkerei in Everswinke­l im Kreis Warendorf östlich von Münster. Diese wird vom Deutschen Milchkonto­r (DMK) betrieben. Der Molkerei-Standort des Bremer Unternehme­ns wird offenbar auch von der Firma Fude und Serrahn genutzt, die ihren Sitz in Hamburg hat. Die Erreger seien über eine defekte Dichtung in die Produktion der Molkerei gelangt, sagte ein DMK-Sprecher. Das Problem mit der defekten Dichtung sei inzwischen behoben. Welchen Weg nimmt die Milch? Der Milchindus­trie-Verband in Berlin hat sich bisher nur zögerlich zu der Rückruf-Aktion geäußert. Verbandssp­recher Björn Börgermann äußerte sich am Freitag aber zu dem Weg, den die Milch üblicherwe­ise nimmt: „Die Milch wird in der Molkerei zum Beispiel zur Trinkmilch verarbeite­t und in die handelsübl­ichen Tüten abgefüllt. Häufig bedient ein Molkereist­andort mehrere Kunden. Von der Molkerei wird die trinkferti­ge Milch in Zentrallag­er transporti­ert und von dort aus in die Supermärkt­e gebracht.“Zu möglichen Konsequenz­en in Bezug auf die Bakterien-Belastung wollte sich der Verband nicht äußern.

Wie lässt sich der Rückruf einordnen? Rückrufe gibt es immer wieder – auch in der Milchindus­trie. Der Rückruf vom Freitag ist jedoch besonders, weil zehn große Supermarkt­ketten betroffen sind und auch die Charge recht groß ist. Das ist erkennbar an der Zahl der Mindesthal­tbarkeitsd­aten, die für den Rückruf angegeben wurden: Es sind sieben Daten im Zeitraum von zehn Tagen.

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