Was Milch-Käufer jetzt wissen müssen
Der Rückruf betrifft fettarme Milch. Der Grund: Bei einzelnen Artikeln wurden Durchfall-Erreger gefunden. Große Supermärkte wurden mit der belasteten Charge beliefert. Die Ursache für die Verunreinigung ist inzwischen gefunden.
BREMEN Erneut sorgt der Rückruf von Lebensmitteln in Deutschland für Aufsehen. Nachdem sich in den vergangenen Tagen der Skandal um keimbelastete Produkte des hessischen Wurstherstellers Wilke ausgeweitet hat, ist nun auch Milch betroffen: Das Deutsche Milchkontor und das Unternehmen Fude und Serrahn teilten mit, dass bei Routine-Kontrollen einzelne Artikel wegen einer Bakterien-Belastung aufgefallen seien. Der Rückruf beider Unternehmen sorgte am Freitag bundesweit für Aufsehen, weil die Milch in Ein-Liter-Paketen verschiedener Handelsmarken abgefüllt und an zehn große deutsche Supermarktketten geliefert wurde.
Wer ist betroffen? Von dem Rückruf betroffen ist die „Frische Fettarme Milch 1,5 % Fett“im Ein-Liter-Paket, die unter verschiedenen Markennamen – zum Teil Eigenmarken – an die Metro, an Kaufland, Real, Rewe, Edeka, Bartels-Langness sowie an die Discounter Aldi Nord und Süd, Lidl und Netto ausgeliefert wurden. Konkret geht es um Milchtüten mit dem ovalen Genusstauglichkeitskennzeichen „DE NW 508 EG“. Zurückgerufen werden Produkte mit verschiedenen Mindesthaltbarkeitsdaten – aufgeführt sind Daten vom 10. bis zum 20. Oktober. Die belieferten Supermärkte haben Artikel der betroffenen Charge aus dem Sortiment genommen.
Wie groß ist die Gefahr? Wie beide Molkerei-Unternehmen mitteilten, sei „bei einzelnen Artikeln“eine Belastung mit dem Bakterium „Aeromonas hydrophila/caviae“festgestellt worden – ein Bakterium, das zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Das Bakterium kommt nach Angaben des Düsseldorfer Wissenschaftlers Walter Däubener nur selten vor. Der Professor für Medizinische Mikrobiologie sagte unserer Redaktion am Freitag, dass der Keim eine Infektion verursachen könne. Demnach könnten Menschen Durchfall bekommen, wenn sie mehr als zehn Millionen der Keime aufnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden, hänge von der Dosierung ab. Ein gesunder Mensch könne das verkraften; bei erkranken Menschen jedoch in einem Altenheim oder etwa auf einer Neugeborenenstation könnten die Bakterien zu einem größeren Problem werden.„Normalerweise sind Bakterien dieser Art im Erdreich, in Tümpeln oder in Brackwasser zu erwarten“, sagt Däubener.
Was können Verbraucher tun? Kunden, die die betroffenen Milchprodukte gekauft haben, können sie auch ohneVorlage eines Kassenzettels zurückgeben. Sie erhalten auch den Kaufpreis zurück. Außerdem wurde eine Kundenhotline geschaltet, bei der sich Betroffene informieren können.Verbraucherfragen werden unter 0251/26567371 sowie per E-Mail an dmk@buw.de beantwortet. Kunden, die von starkem Durchfall betroffen sind, sollten einen Arzt aufsuchen. Im Extremfall können Antibiotika verschrieben werden, bei leichteren Problemen helfen etwa Elektrolyte aus der Apotheke – oder Cola und Salzstangen.
Wie wurde die Milch verunreinigt? Die Milch stammt aus einer Molkerei in Everswinkel im Kreis Warendorf östlich von Münster. Diese wird vom Deutschen Milchkontor (DMK) betrieben. Der Molkerei-Standort des Bremer Unternehmens wird offenbar auch von der Firma Fude und Serrahn genutzt, die ihren Sitz in Hamburg hat. Die Erreger seien über eine defekte Dichtung in die Produktion der Molkerei gelangt, sagte ein DMK-Sprecher. Das Problem mit der defekten Dichtung sei inzwischen behoben. Welchen Weg nimmt die Milch? Der Milchindustrie-Verband in Berlin hat sich bisher nur zögerlich zu der Rückruf-Aktion geäußert. Verbandssprecher Björn Börgermann äußerte sich am Freitag aber zu dem Weg, den die Milch üblicherweise nimmt: „Die Milch wird in der Molkerei zum Beispiel zur Trinkmilch verarbeitet und in die handelsüblichen Tüten abgefüllt. Häufig bedient ein Molkereistandort mehrere Kunden. Von der Molkerei wird die trinkfertige Milch in Zentrallager transportiert und von dort aus in die Supermärkte gebracht.“Zu möglichen Konsequenzen in Bezug auf die Bakterien-Belastung wollte sich der Verband nicht äußern.
Wie lässt sich der Rückruf einordnen? Rückrufe gibt es immer wieder – auch in der Milchindustrie. Der Rückruf vom Freitag ist jedoch besonders, weil zehn große Supermarktketten betroffen sind und auch die Charge recht groß ist. Das ist erkennbar an der Zahl der Mindesthaltbarkeitsdaten, die für den Rückruf angegeben wurden: Es sind sieben Daten im Zeitraum von zehn Tagen.